"Ehe und Familie im Licht der
Bibel"
Referat am 5. Symposion der Initiative Hauskirche, Karl Josef Wallner, Salzburg, 6. April 2003
Panta rhei! Alles fließt! Ehen und Familien waren niemals Inseln, sondern immer Seismographen gesellschaftlicher Entwicklungen. Ihre Formen sind keine unveränderlichen Naturgegebenheiten, sondern zeit- und kulturabhängig. Das ist der Grund, warum die Umbrüche und Neuerungen im gesellschaftlichen Leben, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, gerade auch im Bereich des Zusammenlebens von Mann und Frau ihre Wirkungen gehabt haben.
Ich bin 1963 geboren, die 68er Jahre habe ich in Lederhose beim Indianerspielen erlebt; dennoch habe auch ich in meiner Generation die Umbrüche im Bereich von Ehe und Familie, der Umbruch im Sexualverhalten noch deutlich miterlebt. Das einst Selbstverständliche ist zum Außergewöhnlichen und das einst Normale zum Sonderfall geworden. Es geht nicht um ein sentimentales Zurückblicken, sondern um ein Thematisieren des rapiden Wandels, denn noch nie zuvor hat sich in einer Gesellschaft wie der unsrigen, westlichen, eine solche Vielfalt von partnerschaftlichen und familiären Lebensformen etabliert wie jetzt.
Es ist mir schon bewusst, dass ich über die Bibel sprechen soll, in deren Licht für uns Christen Ehe und Familie als ein göttliches Geschenk aufleuchten. Aber das ist ja eben das Problem: Denn es fällt auf, dass wir Katholiken inmitten eines mittlerweile schon allgemein akzeptierten lauwarmen Pluralismus sehr klare Vorstellungen haben, was Ehe und Familie sein sollen. Und mehr noch: Wir Katholiken lehnen dieses pluralistische Tohuwabohu ab und können nicht akzeptieren, dass an die Stelle von Ehe und Familie Lebensformen treten, die man nur mehr als "Irgendwer-irgendwie-irgendwann-mit-irgendwem" bezeichnen kann. Wir haben klare Vorstellungen, ein klares Ethos vom Ehe- und Familienleben, die heute zumindest vom obersten kirchlichen Lehramt auch deutlich vertreten werden.
Für eine Welt, die alles tolerieren kann, nur nicht die Nicht-Toleranz der Toleranz, ist das eine Provokation. Und hier sind wir bei der Bibel. Denn es stellt sich doch die Frage: Woher hat die Kirche ihre so entschiedenen Vorstellungen vom menschlichen Zusammenleben in Ehe und Familie? Wie kommen wir dazu, die Ehe vehement als Bund von Mann und Frau in liebender Treue und lebenslänglicher Partnerschaft einzufordern; - wo doch die Realität ganz anders ausschaut? Wie kommen wir dazu Werte wie etwa (ich nenne hier nur die Provokantesten) Unauflöslichkeit, Treue in der ehelichen Partnerschaft, Fruchtbarkeit des ehelichen Aktes, Enthaltsamkeit vor der Ehe usw. "heute noch" so hochzuhalten? Könnten wir es uns nicht leichter machen, und all das als "geschichtliche Formen" vergangener Mann-Frau-Kind Beziehungen abtun?
Die Antwort lautet: Nein! Denn was wir Christen über den
Sinn der Partnerschaft von Mann und Frau denken, entspringt nicht unseren
eigenen Überlegungen, sondern ist Offenbarung Gottes. Die Ehelehre
der Kirche ist nicht ein zufällig gewordenes ethisches Wertesystem, das sich
unter sozialen und kulturgeschichtlichen Faktoren eben so
in der Geschichte entwickelt hat und nun aufgrund der Änderung vieler dieser
früher bestimmenden Faktoren nunmehr und immer wieder geändert werden kann. Wir
glauben vielmehr: Ehe und Familie steht unter dem Wort Gottes, unter der
Offenbarung Gottes.
Diese Vorbemerkung ist heute immer und überall notwendig, gerade auch bei
diesem Thema. Das 2. Vatikanische Konzil hat uns Christen den Auftrag gegeben
uns auf die Suche nach dem Gemeinsamen zu begeben: mit den anderen
Konfessionen, mit den anderen Religionen und mit dem allgemein Humanen. Das
Konzil erteilt uns aber nirgendwo den Auftrag, das Einzigartige und Besondere
dessen zu vergessen, was das Fundament unseres Glaubens ist: dass Gott selbst
zu uns gesprochen hat. Die Offenbarungskonstitution des Konzils, die
dogmatischen Charakter hat, formuliert:
"Gott hat in seiner Güte und Weisheit beschlossen, sich selbst zu offenbaren und das Geheimnis seines Willens kundzutun… In dieser Offenbarung redet der unsichtbare Gott aus überströmender Liebe die Menschen an wie Freunde und verkehrt mit ihnen, um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzunehmen." (DV 2)
Wenn wir heute wegen unseres scheinbar nicht mehr lebbaren Idealvorstellungen von Ehe und Familie uns als
"rückständig" oder "reaktionär", so macht uns aus zwei Gründen
nichts aus: zum einen, weil wir wirklich die Gewissheit haben, dass es der von
Gott selbst gewiesene Weg ist, den wir vertreten. Zum anderen vor allem ja
deshalb, weil wir von diesem Gott wissen, dass er immer nur das Heil und das
Glück des Menschen will. Wenn wir also so schwierige und herausfordernde Ideale
verkünden, wie die oben schon genannten, so handelt es sich um die
Herausforderung zu einem Glück, das eben nicht billig ist, sondern über die
Annahme der Herausforderung führt; manchmal sogar über die Annahme des Kreuzes.
Ohne dass ich sie genannt habe, rede ich die ganze Zeit schon von der Bibel,
denn hier wird uns ja das Wort des offenbarenden Gottes verbürgt und der Weg zu
jenem Heil gewiesen, das Gott uns bestimmt hat. In dem "panta rhei" gesellschaftlicher
und ethischer Umbrüche gibt es einen archimedischen Fixpunkt, einen nicht
heraus reißbaren Anker, eine alles durchleuchtende Klarheit. Gottes Wort ist
nicht als Meinung unter vielen, eine "x-beliebige" Auffassung im
Pluralismus dieser Welt, sondern es definiert sich durch den Mensch gewordenen
Sohn als "Weg, Wahrheit und Leben".
Sie haben mir als Thema vorgelegt, wie Ehe und Familie im Licht der Bibel
erscheinen; es kann sich dabei um keinen dogmatischen Vortrag handeln, dazu ist
schon das Thema ist zu breit. Es geht darum, ein bisschen von dem Licht zu
erfassen, das aus der Bibel auf Ehe und Familie fällt. Daher ist es mir
wichtig, das Wort Gottes selbst zu Wort kommen zu lassen. Denn eben dieses hat
die Kraft, gerade dunkel gewordenen Ecken unseres heutigen Ehe- und
Familienverständnisses auszuleuchten und hell und liebenswert zu machen. Heißt
es doch in der Schrift
"Lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens." (Hebr 4,12)
Wir machen also eine Wanderung durch die Bibel, um aus der Kraft und Schärfe des Wortes Gottes Licht für die Gedanken unseres Herzens zu finden.
Das erste Feld, auf den wir das Licht des Wortes
Gottes fallen lassen wollen, ist das Verhältnis von Mann und Frau; also die
Zweigeschlechtlichkeit, die hingeordnet ist auf die
Einehe. Die Bibel möchte durchaus Licht in das erstaunenswerte Faktum bringen,
dass der eine Mensch als Mann oder Frau existiert. Eins im Menschsein,
verschieden im Geschlecht. Uns Heutigen ist mittlerweile ja durch die
Biogenetik klar geworden, dass der Mensch in seiner chromosomatische
Struktur sowohl absolut eindeutig als auch zwar vom ersten Augenblick seines
Daseins an entweder Mann oder Frau ist, männlich oder weiblich ist. Es ist
heute wichtig zu sehen, dass es sich tatsächlich um ein "Entweder-Oder" handelt: biologisch gibt es den
Menschen nicht als "Dazwischen", nicht als "androgyne
Summe", nicht als "Zwitter", sondern eben nur in der einen oder
anderen Weise: Mann oder Frau.
Nach dem älteren Schöpfungsbericht in Gen 2 (Gen 2,18.20.24) ist der Sinn der
Ehe, das Alleinsein des Menschen zu überwinden.
"Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht." (Gen 2,18)
Und dann schildert der Text, der ungefähr 1000 Jahre vor Christus formuliert wurde, die Schaffung der Frau aus dem Mann:
"19 Gott, der Herr, formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heißen. 20 Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen entsprach, fand er nicht. 21 Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, so dass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. 22 Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. 23 Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie heißen; denn vom Mann ist sie genommen. 24 Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch. 25 Beide, Adam und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander."
Die Bibel kennt im Unterschied zu vielen anderen mythologischen Vorstellungen der damaligen Zeit keinen doppelgeschlechtlichen Urmenschen, keinen "Androgyn", sondern sie kennt den einen Menschen von Anfang an als Mann und Frau. Die gebräuchliche Redensart "ein Bein und ein Fleisch" bezeichnet in der damaligen Diktion die enge Verwandtschaft und Gemeinschaft, der biblische Autor schildert nun die Entstehung der Frau aus dem "Bein und Fleisch" des Mannes. Im Unterschied zu den Tieren, die dem Menschen zugeführt werden, ist die Frau für den Mann nun endlich die adäquate Ergänzung (2,18). Der Mann jauchzt ihr entgegen! Und man muss dazu festhalten, dass dieser Text zu einer Zeit verfasst wurde, als die Frau in der damaligen Kultur als Untertan und Eigentum des Mannes angesehen wurde und problemlos unter den Haustieren aufgezählt werden konnte (vgl. Ex 20,17).
Das Bild von der Rippe besagt gerade nicht eine Unter- oder Nachordnung der Frau unter den Mann, sondern die einzigartige Gleichwertigkeit und Zusammengehörigkeit von Mann und Frau. Mann und Frau werden auch nicht erst durch das Kind zusammengefügt, sondern sind es von ihrem Wesen her: "Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch". Die Aussageabsicht ist gerade nicht die Ungleichwertigkeit der Frau, sondern im Gegenteil: Während in den orientalischen Kulten die Zweigeschlechtlichkeit oft als etwas Unerklärliches, Dunkles, ja Dämonisches angesehen wird, sagt die Bibel klar: Mannsein und Frausein sind in ihrer Verschiedenheit aus der Einheit heraus von Gott gewollt. Das Licht des Wortes Gottes macht hier aber auch den Sinn des grundlegenden, in der genetische Kodierung verankerten Unterschiedes der Geschlechter hell. Der Mensch ist nicht als ein "Dazwischen" oder ein "Sowohl-als-auch" erschaffen; er ist nicht die "androgyne Summe", sondern eben nur in der einen oder anderen Weise: Mann oder Frau, und doch sind beide eins.
In dem biblischen Text wird diese Einheit noch in zweifacher Hinsicht aufgeklärt. Erstens heißt im Hebräischen Mensch "isch". Wo der "isch" aufjauchzt und ruft: "Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie heißen; denn vom Mann ist sie genommen" (V. 23), da steht im Hebräischen die weibliche Form "ischah": "Ischah" soll sie heißen. Der "isch" bekommt eine "ischah", was man eigentlich nicht schon mit dem eigenständigen "Frau" übersetzen dürfte, sondern eigentlich "Männin", oder besser: "Menschin". Gott führt dem einsamen "Menschen" eine Menschin" zu; sosehr ist die Gefährtin, dass ihr Name mit derselben Wurzel gebildet wird.
Ein zweites: Der Ausgangspunkt der Formung der Frau ist im jahwistischen Schöpfungsbericht der negative Umstand, dass es für den Menschen nicht gut ist, allein zu sein. Jetzt wird auch das Ziel des nunmehr zweigeschlechtlich existierenden Menschen, des "isch" und "ischah" angegeben. Gen 2,24 ist einer der wichtigsten Texte der Bibel, weil hier der Ursinn und das Urbild dessen angegeben wird, was Gott mit der Zweigeschlechtlichkeit bezweckte: die Verbindung in der Ehe. So heißt es:
"Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch." (Gen 2,24)
Nur was verschieden ist, kann sich einigen! Diese Stelle "sie werden ein Fleisch" bedeutet die Einsetzung der Ehe, noch nicht als Sakrament, aber als Gabe des Schöpfergottes an seine Geschöpfe. Das hebräische Wort für "Fleisch" lautet "basar", es bezeichnet die enge Zusammengehörigkeit und Lebensgemeinschaft. Gott schafft dem Menschen eine "ihm ähnliche Hilfe" (Gen 2,18) nicht nur für einzelne Akte, sondern damit beide ein "basar" werden. Die Lebensgemeinschaft ist von der göttlichen Intention her auf einen ganzheitlichen, personalen Austausch hin angelegt. Der Mensch ist ein Beziehungswesen und erfährt die höchste Form der personalen Erfüllung nur in der Einehe.
Das also ist der Sinn dessen, dass Mann und Frau verschieden sind: die geschlechtliche Polarität ordnet den Menschen auf Einheit außerhalb seiner selbst hin: auf "ein basar" werden mit einem anderen Menschen, das von Gott vom Ursprung der Schöpfung her gewollt ist. Der Katechismus formuliert eben diesen Gedanken, wenn er den Begriff "füreinander" verwendet. "Der Mann und die Frau sind ‚füreinander‘ geschaffen, nicht als ob Gott sie nur je zu einem halben, unvollständigen Menschen gemacht hätte." Die Verschiedenheit ist die Voraussetzung für das "Füreinander".
Vor dem jahwistischen Schöpfungsbericht lesen wir ja im 1. Kapitel des Buches Genesis den jüngeren Schöpfungsbericht, das 6-Tageswerk, das Hexaemeron (Gen 1,1-2,4a). In diesem großartigen Text, den Priester vermutlich im babylonischen Exil im 6. Jahrhundert vor Christus niedergeschrieben haben, um die Souveränität Gottes angesichts der vielen babylonischen Sterngottheiten darzustellen, wir die Schöpfung des Menschen durch das Wort Gottes am 5. Tag mit folgenden Worten beschrieben:
"26 Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. 27 Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie." (Gen 1,26-27; vgl. Ps 8,6-9; Eph 4,24; Kol 3,10)
Die Tendenz der letzten Zeit lag eher darin, die Differenz der Geschlechter zu verwischen, zu nivellieren, aufzuheben. Bei manchen Formen des Feminismus etwa hat man das Gefühl, dass hier dem Schöpfergott – sofern man einen solchen anerkennt – ein Fehler unterlaufen sei. Kein Wunder, dass etwa die Feministin Mary Daly heftig gegen den christlichen Glauben ankämpft, dass das Mann- und Frausein Wesenbild Gottes sein sollen . Jedenfalls: Die Unterschiede müssten eingeebnet werden. Dagegen halten wir: So klar es für die Kirche ist, dass patriarchalische Strukturen oder Benachteiligungen der Frau in ökonomischer oder sozialer Hinsicht eine Sünde sind, ebenso klar ist es für den katholischen Glauben, dass die Geschlechterdifferenz gottgewollt ist . Ja mehr noch: dass in der Polarität eine höchst positive Sinnhaftigkeit liegt, von ihrem Ursprung her:
"Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie." (Gen 1,26)
Das biblische Wort sagt klar: Gott wollte dezidiert keine Androgynie! Die Zweigeschlechtlichkeit ist kein "Unfall" und auch keine Folge der "Ursünde", sie war schon vorher da. In der Theologiegeschichte taucht die Vorstellung, dass der Mensch in seiner paradiesischen Vollkommenheit androgyn geplant war, dass die Spaltung in Mann und Frau eine Unvollkommenheit darstellt und etwas mit der Ursünde zu tun hat, selten auf. Auf katholischer Seite gibt es nur Gregor von Nyssa († 394), der im 4. Jahrhundert meinte, Gott habe den Menschen einzig deshalb als Mann und Frau geschaffen, weil er die Sünde vorausgesehen habe . (Vielleicht dachte Gregor von Nyssa, der Bruder des hl. Basilius des Großen deshalb so negativ über die Ehe, weil er selbst verheiratet war, bevor er Bischof wurde…) Die Androgynie ist eher das Wunschdenken der Gnosis, so taucht diese Vorstellung etwa im frühen 17. Jahrhundert bei Jakob Böhme (1575-1624) auf. Ein Kennzeichen gnostischen Denkens ist nun einmal – wir erleben das ja in New Age -, dass alle Differenzierung und Begrenzung als negativ und dämonisch betrachtet wird: die Unterschiede bestehen nur in unserem Kopf und müssen dann wegmeditiert werden um zur großen Einheit – mit was auch immer – zu gelangen.
Dass der Mensch "Bild Gottes" ist, hat nach der Bibel etwas damit zu tun, dass er "Mann und Frau" ist . Auf jeden Fall sind Mannsein und Frausein in sich und in ihrer Zuordnung etwas Gutes. Das Schlusswort zum 5. Schöpfungstag lautet ja auch ausdrücklich: "Gott sah alles, was er gemacht hatte, und es war sehr gut!" (Gen 1,31) Dass der Mensch entweder als Mann oder als Frau existiert, ist weder ein Produktionsfehler, noch eine Belanglosigkeit, sondern es ist "sehr gut". Gott will und setzt die Geschlechterdifferenz, um sich darin selbst in seiner inneren Bezüglichkeit auf Liebe hin abzubilden. Von der neutestamentlichen Offenbarung der Dreifaltigkeit her, haben Theologen wie Matthias Joseph Scheeben, Hans Urs von Balthasar und im Mittelalter schon Richard von St. Viktor, mit Recht versucht, die Familie – Mann, Frau und Kind – als Abbild der ewigen göttlichen Dreifaltigkeit zu begreifen.
Das Licht das aus der Bibel auf die heutige Situation von Mann und Frau fällt, könnte man so formulieren: Wir glauben, dass Mann und Frau nicht zufällig oder irrtümlich eine je eigene geschlechtliche Identität haben, für uns ist die Unterschiedlichkeit in leiblicher und seelischer Hinsicht positiv. Gott will die Ehe als Einheit in Verschiedenheit: Wenn Mann und Frau zueinander Ja sagen bis zum Tod (- ein basar werden-) so hören damit nicht auf, ihre Eigenheiten zu haben. Aber jetzt beziehen sie diese ganz auf den anderen hin, sind ganz für den anderen da. Deshalb wird etwa eine eheliche Gemeinschaft nicht dann tief, wenn sich die Frau vermännlicht und der Mann "verfraulicht", sondern beide ihr Mannsein oder Frausein annehmen und in ihre Liebesgemeinschaft einbringen.
Aber der biblische Text im ersten Schöpfungsbericht geht noch weiter, denn das Mann- und/oder Frausein des Menschen ist noch in anderer Hinsicht Abbild Gottes:
"Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch, und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen." (Gen 2,28)
In dieser Stelle spiegelt sich eine für das gesamte Alte Testament zentrale Überzeugung: Zweck der Ehe ist – zusammen mit der Lebensgemeinschaft von Mann und Frau (- ein basar -) die Zeugung von Kindern; so gilt im Alten Testament der Kinderreichtum als Segen Jahwes, weil sich hier gleichsam seine fruchtbare Schöpfermacht darstellt. So heißt es etwa in den Psalmen:
"3 Kinder sind eine Gabe des Herrn, die Frucht des Leibes ist sein Geschenk. 4 Wie Pfeile in der Hand des Kriegers, so sind Söhne aus den Jahren der Jugend. 5 Wohl dem Mann, der mit ihnen den Köcher gefüllt hat! Beim Rechtsstreit mit ihren Feinden scheitern sie nicht." (Ps 127,3-5; vgl. Ps 115,14; 128,3; Gen 24,60; 33,5)
Natürlich sind Kinder damals auch so etwas wie die Altersversicherung. Doch das Licht des Wortes Gottes dringt tiefer. Denn das größte Wunder am gottgewollten Mann- und Frausein ist doch, dass gerade aus dem Nicht-Gleich-Sein der Geschlechter -, eine leibhafte Einheit hervorgeht. Aus der Zwei-Sein geht mittels der Einigung etwas Neues hervor. Das Kind ist die verleiblichte Einheit der Eltern. Fruchtbarkeit ist daher nicht etwas Äußerliches, sondern Gott legt viel von seinem eigenen Wesen in das Geschlechtliche des Menschen. Die "Zwei-Einheit" von Mann und Frau, wie der Katechismus sie nennt , übersteigt sich in das Wunder neuen Lebens. die Annahme des Schöpfungsauftrages: "Seid fruchtbar und mehret euch" öffnet daher Mann und Frau – wir nennen sie ja mit recht "ein Paar" – nicht nur auf die dazukommenden Kinder, sondern auf die Familiengemeinschaft, auf die Verwandtschaft, auf die Dorgemeinschaft, auf das soziale Leben insgesamt. Die Verneinung der Fruchtbarkeit verschließt die beiden in einen tragischen und unerfüllten "Egoismus zu zweit" , wie Balthasar es formuliert.
Der Blick auf das Alte Testament ist für uns Christen in unserem Verständnis der Ehe deshalb so wichtig, weil wir glauben, dass Gott die Ehe nicht erst mit Christus stiftet, sondern von der Schöpfung weg; das unzertrennliche Einswerden von Mann und Frau in der Fruchtbarkeit ist in die Natur des Menschen gelegt. Weshalb folglich auch eine Ehe zwischen Ungetauften eine echte, unauflösliche Verbindung darstellt, die auch die Kirche nicht trennen kann. Wir sprechen hier von einer so genannten "Natur-Ehe" (matrimonium legitimum), bei der es sich zwar nicht um ein Sakrament handelt, aber doch um eine Verbindung die für uns unantastbar ist . Um es mit den Worten von Familiaris Consortio zu sagen, "hat das Sakrament der Ehe vor den anderen die Besonderheit: Es umfasst als Sakrament eine Wirklichkeit, die bereits in der Schöpfungsordnung vorliegt."
Die Schöpfungsberichte zeichnen ein eindrucksvolles Bild vom ursprünglichen, paradiesischen Sinn des Mann- und Frauseins. So hoch ist das Ideal der ehelichen Einheit, dass es zum Abbild des Bundes wird, den Gott mit Israel eingeht:
"20 Ich schließe für Israel an jenem Tag einen Bund mit den Tieren des Feldes und den Vögeln des Himmels und mit allem, was auf dem Erdboden kriecht. Ich zerbreche Bogen und Schwert, es gibt keinen Krieg mehr im Land, ich lasse sie Ruhe und Sicherheit finden. 21 Ich traue dich mir an auf ewig; ich traue dich mir an um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen, 22 ich traue dich mir an um den Brautpreis meiner Treue: Dann wirst du den Herrn erkennen." (Hos 2,20-22)
Doch der Hintergrund dieses Wortes des Propheten Hosea ist nicht die Harmonie des Ehelebens, sondern des Scheiterns. Denn derselbe Prophet wird von Jahwe beauftragt, die Treulosigkeit Israels darzustellen, indem er sich seine treulose Frau, die wahrscheinlich von einem Fremden 3 Kinder hatte, wieder zur Frau nimmt (Hos 3,1-5).
Das Bild voller Harmonie der Schöpfungsberichte wird konterkariert von der gelebten Ehe-Wirklichkeit, wie sie uns in der Bibel des Alten Testamentes ungeschminkt und drastisch geschildert wird. Das ursprüngliche Ideal vom "ein Fleisch werden" (Gen 2,24) erscheint auf vielfältige Weise zerbrochen, etwa durch die allgemeine Polygamie (z. B. Gen 6,2). Offen erzählt die Bibel von vielen anderen Missständen: von der Vielweiberei, die schließlich König Salomo zum Götzendienst verführt (1 Kön 11,3f.; Dtn 17,17), von der Sünde Onans (Gen 38,9) und dem Ehebruch Davids mit Batseba (2 Sam 11,1-27), von Vergewaltigung und Sodomie ist da die Rede. Der heilige Benedikt hat in Anbetracht der Tatsache, dass das Alte Testamente voll ist mit solchen Geschichten angeordnet, dass diese Geschichten zur Abendstunde nicht gelesen werden sollen! (RB 42,4). Der Blick in das Alte Testament bezeugt gleichsam die Realität der Erbsünde, die sich im faktischen Scheitern des ursprünglichen Ideals ausdrückt. Die Verdunkelung reicht so weit, dass das hebräische Alte Testament nicht einmal ein Wort für den Zustand der Ehe kennt, sondern nur für deren Vollzug. Die entsprechenden Ausdrücke sind "bei sich wohnen lassen" (Esr 10,2 u.ö.); "zur Ehe nehmen", was wieder sprachlich dasselbe ist wie "ihr Herr sein" (Dtn 21,13 u. ö.).
Eine interessante Stelle, die sich auf die ungeordnet ausgelebte Sexualität bezieht, findet sich etwa in der Erzählung von Tamar im 1. Buch Samuel. Tamar wird von Amnon zum Beischlaf gezwungen, ohne von diesem zur Frau genommen zu werden. Sie weist ihn darauf hin, dass er sie legitimer weise heiraten könnte. Jedoch: "Doch Amnon wollte nicht auf sie hören, sondern packte sie und zwang sie, mit ihm zu schlafen." (1 Sam 13,14) Die psychologische Wirkung dieses vorehelichen Verkehrs beschreibt die Bibel als fatal. In der sexuellen Ekstase erleben sich die Partner anders, tierisch. Das Bild der Geliebten ist plötzlich verzerrt; jedenfalls ist Amnon nachher seiner Geschlechtsgenossin überdrüssig:
"15 Hinterher aber empfand Amnon eine sehr große Abneigung gegen sie; ja, der Hass, mit dem er sie nun hasste, war größer als die Liebe, mit der er sie geliebt hatte. Amnon sagte zu ihr: Steh auf, geh weg! 16 Sie erwiderte ihm: Nicht doch! Wenn du mich wegschickst, wäre das ein noch größeres Unrecht, als das, das du mir schon angetan hast. Er aber wollte nicht auf sie hören, 17 sondern rief einen jungen Mann, der in seinen Diensten stand, und sagte: Bringt dieses Mädchen da von mir weg auf die Straße hinaus, und schließt die Tür hinter ihr ab!" (1 Sam 13,8-17)
Und dann heißt es noch:
"Von da an lebte Tamar einsam im Haus ihres Bruders Abschalom." (1 Sam 13,20)
Der dunkelste Schatten, der auf der Ehe-Wirklichkeit Israels liegt, ist jedoch vor allem die geübte Scheidungspraxis. Tatsächlich gab es nach dem mosaischen Gesetz das Recht für den Mann, seine Frau wegzuschicken. Er durfte den Scheidebrief ausstellen, wenn er etwas "Anstößiges, Hässliches, Widerwärtiges" an seiner Frau entdeckt hatte; so lautet die Vorschrift in Dtn 24,1 (vgl. Jes 50,1; Jer 3,8 - Man beachte, dass es nur dem Mann gestattet war, sich scheiden zu lassen; niemals aber umgekehrt.) Es handelte sich also um eine Scheidungspraxis, die durch das göttliche Gesetz selbst gedeckt schien; freilich wurde diese bereits auch im Alten Testament von den Propheten heftig kritisiert:
"Der Herr ist doch Zeuge gewesen ist zwischen dir und der Frau deiner Jugend, an der du treulos gehandelt hast, wo sie doch deine Gefährtin ist und die Frau deines Bundes! … So hütet euch bei eurem Leben! Und an der Frau deiner Jugend handle nicht treulos! Denn ich hasse Scheidung, spricht der Herr, der Gott Israels, ebenso wie wenn man sein Gewand mit Unrecht bedeckt, spricht der Herr der Heerscharen. So hütet euch bei eurem Leben und handelt nicht treulos." (Mal 2,14-16 passim – Elbersfelder Übersetzung; vgl. Sir 7,26; Spr 2,16f 5,1-23;)
Und doch gab es zur Zeit Jesu in der jüdischen Gesetzesauslegung einen großen Konsens, dass Ehescheidung erlaubt ist. Zugleich aber hatten sich verschiedene Schulen entwickelt, die die Scheidungserlaubnis aus Dtn 24,1 sehr unterschiedlich auslegten. Denn als Grund für die Entlassung der Frau war ja angegeben, dass der Mann etwas "Anstößiges" an ihr finden musste. Die Schule des Rabbi Schammaj legte den Begriff sehr eng auslegte und verstand darunter nur die Unzucht, also den Ehebruch der Frau. Auf der anderen Seite legte die Rabbinenschule des Hillel, der ein Zeitgenosse des Herodes I. war, diesen Text sehr großzügig auslegte. Hillel sah den Tatbestand der "Anstößigkeit" schon erfüllt, wenn die Frau nur das Essen hatte anbrennen lassen ; Wie liberal die Ehescheidung gehandhabt wurde, zeigt auch Rabbi Aqiba († 135): Er hält eine Ehescheidung schon für den Fall gerechtfertigt, wenn sich die Neigung des Mannes einer Frau zuwendet, die ihm besser gefällt (StB I,312-315).
Das ist die Situation, in die hinein die Verkündigung des fleischgewordenen Wortes Gottes fällt: Jesus tritt der Praxis der Ehescheidung mit scharfer prophetischer Vehemenz entgegen. Daher sind fast alle Worte, die Jesus in den Evangelien zur Ehe spricht, geprägt von einer ernsten und entschiedenen und eindeutigen Ablehnung der Scheidungspraxis. – Die Schwierigkeit ist allen bekannt, die eine Evangelienperikope für eine Hochzeitsfeier suchen. Die Worte Jesu zur Ehe sprechen alle warnend von Unzucht und Lüsternheit, sodass sich in den Evangelien einfach nichts rechtes findet, das zu der süßlichen Romantik passen würden, die man heute leider von der Atmosphäre einer kirchlichen Hochzeitsfeier erwartet. Hier der Originaltext aus dem Markusevangelium:
"Da kamen Pharisäer zu ihm und fragten: Darf ein Mann seine Frau aus der Ehe entlassen? Damit wollten sie ihm eine Falle stellen. 3 Er antwortete ihnen: Was hat euch Mose vorgeschrieben? 4 Sie sagten: Mose hat erlaubt, eine Scheidungsurkunde auszustellen und die Frau aus der Ehe zu entlassen. 5 Jesus entgegnete ihnen: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat er euch dieses Gebot gegeben. 6 Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. 7 Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, 8 und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. 9 Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. 10 Zu Hause befragten ihn die Jünger noch einmal darüber. 11 Er antwortete ihnen: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. 12 Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet." (Mk 10,2-12; par Mt 19,7; )
Nach dem Wort Christi gehört die Ehescheidung also nicht zum ursprünglichen Schöpfungsplan, sie habe ihren Grund nur in der Hartherzigkeit Israels habe (Mk 10, 5). Die Kernaussage dieses Textes und seiner Parallelstellen (Mt 19,9; Lk 16,18par; Mt 5,31f.) ist, dass die Entlassung eines Gatten als Ehebruch zu gelten hat, wenn sie erfolgt, um einen anderen zu heiraten. Das ist eine eindeutige "Verschärfung" der moderaten Lösung, die sich in Israel etabliert hatte. Die Abschaffung des Scheidebriefes bedeutet zugleich die Proklamation der Unauflöslichkeit der Ehe. Jesus zitiert hier den Schöpfungsbericht, die Einsetzung der Ehe laut Gen 2,24:
"7 Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, 8 und die zwei werden ein Fleisch sein." (Mk 10,7-8a)
Der Herr fügt dann aber noch eine Begründung an, die in dem Gebot der Unauflöslichkeit gipfelt:
"8b Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. 9 Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.." (Mk 10,8b-9)
Was das fleischgewordene Wort
Gottes also über die Ehe zu sagen hat, ist eine Herausforderung, eine
Provokation selbst gegenüber dem, was Gott seinem erwählten Volk "wegen
seiner Hartherzigkeit" zugestanden hatte.
An dieser Stelle ist aber darauf hinzuweisen, dass die Bibel zwar den Willen
Gottes ins Licht stellt, aber natürlich keine Ehe- und Familienlehre in Form
von Katechismussätzen gibt. Der Paralleltext zu Mk
10,9 im Matthäusevangelium lautet:
"8 Jesus antwortete: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so. 9 Ich sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt [me epi porneia], und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch." (Mt 10,8-9)
Der Ausdruck "außer bei Unzucht" (mh epi porneia
- me epi porneia) wird seit jeher von den Theologen heute unter dem
Begriff der "Unzuchtsklausel" heiß
diskutiert : Jesus verbietet die Entlassung der Frau, außer im Fall von
Unzucht, porneia. Bedeutet das, dass der Mann im
Falle von Unzucht seiner Frau diese entlassen kann oder sogar verpflichtet ist,
wie es nachweislich im Judentum üblich war, diese zu entlassen?
Die Unzuchtsklausel findet sich noch an einer anderen
Stelle des Matthäusevangeliums:
"Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch." (Mt 5,32)
Natürlich ist diese Stelle umstritten; der offensichtlich spätere Matthäustext scheint doch eine Ausnahme von dem radikalen Scheidungsverbot im älteren Markusevangelium zu erlauben. Hier dürfen wir dankbar annehmen, wie die Kirche in ihrer Tradition und durch ihr Lehramt diese Stelle verstanden hat und versteht: dass mit porneia eine illegitime Verbindung gemeint sei, etwa eine blutschänderische oder sonst wie verbotene Verbindung zwischen Nahe-Verwandten . Eine solche Verbindung muss getrennt werden. Wobei eine Trennung eben nicht eine Auflösung der Ehe bedeutet, - sodass daraus folgt, dass die Getrennten auch nicht mehr heiraten können. Das macht dann auch die Reaktion der Jünger verständlich:
"Wenn es zwischen Mann und Frau so steht, dann ist es besser, überhaupt nicht zu heiraten!" (Mt 19,10).
Es sei hier angemerkt, dass auch das heutige Kirchenrecht in
bestimmten Fällen die "Trennung" vorsieht, und diese moralisch nicht
als Sünde zu bewerten ist .
Jedenfalls ist nach Christi Gebot eine gültige Ehe unauflöslich, eine
Wiederheirat daher nicht möglich. Nach Rudolf Schnackenburg
bekräftigt die Unzuchtsklausel sogar die bindende
Geltung des Scheidungsverbotes . Doch die Forderungen
Jesu reichen ja sogar noch weiter. So lesen wir in der Bergpredigt:
"27 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. (Ex 20,14; Dtn 5,18) 28 Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen." (Mt 5,27f.)
Jesus promulgiert im Bezug auf die
Ehe bewusst ein "neues Gesetz": Ich aber sage euch! Das
fleischgewordene Wort stellt damit das neu ins Licht, was bereits in Gen 1,27
und 2,24 als Schöpfungswille Gottes aufgeleuchtet ist. Und weil dies der
Heilswille Gottes ist, hat die Kirche gar keine andere Wahl, als an der
Unauflöslichkeit der Ehe festzuhalten. Diese eindeutige Forderung ist nicht
eine neue Form von gesetzlicher Hartherzigkeit, das erhellt aus zwei Aspekten:
Zum einen entspricht bei Jesus die Strenge seiner Grundsätze zugleich dem
Übermaß des Erbarmens. Denn der Herr, der solch hohe Forderungen stellt,
begegnet zu wiederholten Malen Ehebrecherinnen, oder Menschen die dem Ideal der
ehelichen Liebe nicht treu geblieben sind .
Eindrucksvoll wird seine Haltung gegenüber der Sünderin in Joh 8,11 ausgedrückt,
wo er die Causa mit der Sünderin mit den Worten abschließt: "Auch ich
verurteile dich nicht. Gehe hin und sündige nicht mehr!" (Joh 8,11)
Das zweite übersteigt den Aspekt der Barmherzigkeit noch: Denn Jesus gibt nicht
bloß prophetische Mahnungen und moralische Forderungen von sich. Das wäre zu
wenig. Dem Glaubenden bietet Christus geradezu die gnadenhafte Ermöglichung
dessen an, was Gott von den Uranfängen der Schöpfung an mit dem Menschen
geplant hatte: dass das Zueinander von Mann und Frau Abbild werde seiner
eigenen erlösenden Liebe zur Welt. Dies ist der letzte Punkt, dem uns jetzt
zuwenden: die Heilung der Ehe durch ihre Erhebung zum Sakrament.
Der frühen Kirche stand das lehrende und herausfordernde Wort Christi offensichtlich sehr klar vor Augen. Es ist etwa berührend, wie Paulus die Regel von der Unauflöslichkeit der Ehe ausdrücklich unter Berufung auf den Herrn wiedergibt. Er schreibt:
"10 Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr: Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen – 11 wenn sie sich aber trennt, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich wieder mit dem Mann -, und der Mann darf die Frau nicht verstoßen." (1 Kor 7,10f.)
Aber der frühen Kirche war nach
dem Tod und der Auferstehung Christi auch klar, dass Christus nicht nur die
ursprüngliche Idee der Ehe bestätigt hatte, sondern sie sogar erhöht hat. Die junge
Gemeinde begreift sehr schnell, dass Christus die Ehe erst zu ihrer
eigentlichen und schönsten Möglichkeit führt und erhöht; nämlich zur Liebe, die
in gnadenhafter Hingabe besteht. In der klassischen
Lehre heißt dass, dass die Ehe von Gott dem Schöpfer als Institution gestiftet
ist, von Gott dem Erlöser, also von Christus jedoch, wurde zum Sakrament
erhoben. Anders ausgedrückt: Legitim und damit unauflöslich ist auch die
Verbindung von Ungetauften; gnadenwirksam aber ist nur die Ehe von Getauften, die
"im Herrn" geschlossen wird.
Die Formulierung, dass eine Ehe "im Herrn" geschlossen werden soll (1
Kor 7,39) stammt übrigens schon von Paulus. Sie ist sehr aufschlussreich, denn
den Ausdruck "in Christus" oder "im Herrn" verwendet Paulus
sonst in seinen Briefen nur, um die christliche Existenz aus der Taufe, dem
neuen Bundeszeichen, zu beschreiben. Die Ehe von Christen hat also Anteil an
dem neuen und ewigen Bund, den Gott in Christus geschlossen hat.
Die Magna Charta für die Ehetheologie findet sich im 5. Kapitel des
Epheserbriefes (Eph 5,21-33 ). Paulus bzw. der deuteropaulinische Autor, gibt dort die Ordnung für die
christliche Familie wieder, die sich aus dem Vorbild und der Ehrfurcht vor
Christus ergibt. So lautet das Thema, unter das er seine ganze Lehre stellt:
"Einer ordne sich dem anderen unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor
Christus." (Eph 5,21) Und dann heißt es:
"25 Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, 26 um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen. 27 So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos. 28 Darum sind die Männer verpflichtet, ihre Frauen so zu lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. 29 Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt ihn, wie auch Christus die Kirche. 30 Denn wir sind Glieder seines Leibes. 31 Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. (Gen 2,24) 32 Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche. 33 Was euch angeht, so liebe jeder von euch seine Frau wie sich selbst, die Frau aber ehre den Mann." (Eph 5,21-33)
Vor allem der Vers 32 ist von großer theologischer
Bedeutung, denn dort wird die Synthese gezogen: von der Liebe von Mann und
Frau, von ihrer Bindung aneinander, von ihrem Ein-Fleisch-Werden sagt Paulus:
"Dies ist ein großes Mysterion; ich
beziehe es auf Christus und die Kirche." Der griechische Begriff "mysterion" wurde dann in der Vulgata mit dem
lateinischen "sacramentum"
übersetzt. In diesem Vers wird gleichsam die Gnade angedeutet, die Christus mit
der Ehe verbindet, so lehren jedenfalls das Konzil von Trient und das 2.
Vatikanische Konzil (GS 48; LG 11; AA 11)
Was die Stelle so bedeutungsvoll macht ist der Bezug, den Paulus herstellt
zwischen der Liebe Christi zur Kirche und der Liebe des Ehemannes zur Ehefrau.
Die Liebe Christi ist nämlich eine radikale Hingabeliebe: Christus hat seine
Kirche geliebt und sich für sie hingegeben. Und eben diese Hingabeliebe Christi
bildet sich nun als "mysterion" bzw.
"sacramentum" in dem ab, was schon
im Alten Testament (Gen 2,24) vorgebildet ist: "’Darum wird der Mann Vater
und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein
Fleisch sein.’ (Gen 2,24) Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf
Christus und die Kirche." (Eph 5,31f.) Die Hingabe Christi an seine Kirche
ist Urbild und Abbild der Liebe von Mann und Frau. So lebt also das Geheimnis
des Bundes, den Gott im Blut seines Sohnes ein für alle mal
zur Erlösung des Menschen besiegeln wollte, im Bund der Ehegatten abbildhaft
fort.
Zur Zeit Jesu hatte die Eheschließung sowohl eine rechtliche
als auch eine festliche Seite. Der Aspekt des Feierns wird uns ja nicht zuletzt
in der Erzählung von der Hochzeit zu Kana im Johannesevangelium überliefert; wo
der Herr sein erstes Zeichen wirkt, um eben gerade die Festlichkeit zu erhalten
(Joh 2,1-12). Zur Zeit Jesu ging der Hochzeit das
Verlöbnis oder Eheversprechen voraus, ehe der durchschnittlich 18 Jahre alte
Bräutigam die im allgemeinen zwölfeinhalbjährige Braut "erwarb" und
den entsprechenden Brautpreis beim Vater der Braut bezahlte. Es folgte ein
mehrtägiges Familienfest, ein Hochzeitsmahl, das ja in der Bibel dann auch zum
Bild für die himmlischen Freuden wird (Offb 19,9). Gipfelpunkt der
Hochzeitsfeierlichkeiten war die Heimführung der Braut, und diese symbolisierte
nun eben die Annahme des Volkes Israel durch Gott.
Das ist die religionsgeschichtliche Grundlage, um die Aussagen des
Epheserbriefes zu verstehen. Die Hingabe Christi erwirkt einen neuen Bund:
"Christus hat die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben." (Eph
5,25). Auch der Brautpreis kann mit dem 1. Petrusbrief genannt werden:
"18 Ihr wisst, dass ihr aus eurer sinnlosen, von den Vätern ererbten Lebensweise nicht um einen vergänglichen Preis losgekauft wurdet, nicht um Silber oder Gold, 19 sondern mit dem kostbaren Blut Christi, des Lammes ohne Fehl und Makel." (1 Petr 1,18-19)
So wird das, was im Ursprung der Schöpfung von Gott angelegt war, hineingehoben in das "große Mysterion" der Hingabeliebe Gottes, die er uns im Kreuz seines Sohnes geschenkt hat. Um es anders auszudrücken: Die Ehe zwischen Mann und Frau, ihr Eins- und Fruchtbarwerden in einem unauflöslichen Bund "bis zum Tod", ist ermöglicht und getragen von der Gnade der Erlösung. Ehe und Familie stehen unter dem menschlich so herausfordernden und zugleich gnadenhaften so wunderbaren Zeichen des Kreuzes.
Panta rhei! Wir sind davon ausgegangen, dass heute alles fließt und zerfließt, gerade im Bereich von Ehe und Familie. Gegen das Tohuwabohu von Lebens- und Familienformen, die sich entwickelt haben, gibt die Heilige Schrift klare und substantielle Weisungen für das Zusammensein von Mann und Frau. Die Bibel, gerade das Neue Testament, hält die Ehe hoch! "Heiratest Du, so sündigst Du nicht!" (1 Kor 7,5) schreibt Paulus. Und im Hebräerbrief heißt es:
"Die Ehe soll von allen in Ehren gehalten werden, und das Ehebett bleibe unbefleckt; denn Unzüchtige und Ehebrecher wird Gott richten." (Hebr 13,4)
Mann und Frau sind berufen, in einem unauflöslichen Bund
eine beglückende Lebensgemeinschaft zu bilden, indem sie für neues Leben offen
sind und so an der letztlich unverfüglichen
Schöpfungsmacht Gottes teilhaben.
Das eigentliche Licht, das von der Bibel im Christusgeheimnis über die Ehe und
Familie geworfen wird, ist nicht eine starre Gesetzlichkeit, die hier gefordert
wird, sondern es besteht vielmehr in dem Begriff von Liebe, den Christus
schenkt. Und in der Verkündigung dieser Liebe könnte die Kirche einen
Sehnsuchtsnerv der heutigen Menschen treffen. Dass man aus Liebe heiratet, ist
heute selbstverständlich. Früher war das nicht so. Noch bis in die jüngste
Vergangenheit hat man die Ehe mehr als Versorgungsgemeinschaft denn als
Liebesbeziehung verstanden. Der Kampf um die Liebesehe ist etwa noch das große
Thema in Schillers "Kabale und Liebe" oder in Goethes "Hermann
und Dorothea". Heute ist Ehe nicht mehr ein Geschäft zwischen den
Brauteltern oder ein standesgemäßes Verkoppeln aristokratischer Kreise; wenn es
diesbezüglich einen neuen Missstand gibt, dann noch am ehesten den, dass Stars
ihre Eheschließungen – und Scheidungen – als Deal um der größeren Publicity
wegen betreiben. Doch grundsätzlich gehört das Ideal der Ehe als
Liebesbeziehung und als partnerschaftlich-gleichberechtigten Miteinanders zum Common sense.
Was wir hier als biblische Botschaft zu verkündigen haben, ist der hohe
christliche Begriff von "Liebe". Liebe ist ja heute wahrhaft ein
"Chamäleon" unter den Begriffen, mit dem man alles und nichts sagen
kann! Was hat etwa der Begriff "Liebe machen", wie er heute für
x-beliebige sexuelle Beziehungen verwendet wird, mit der "Liebe" zu
tun, mit der sich etwa eine Ehefrau für ihren pflegebedürftigen und oft bis zur
Unausstehlichkeit grantigen Mann einsetzt, zu tun? Nichts! Das Griechentum zur
Zeit der Abfassung des Neuen Testamentes kannte drei Worte, um das
auszudrücken, was wir heute unter dem Chamäleonbegriff
subsumieren: eros für die geschlechtliche Liebe, philia für die Freundschaftsliebe, und schließlich den
Begriff Agape für die Hingabeliebe. Die junge Kirche hat sich für den Begriff
der agape entschieden, um das zu charakterisieren,
was sie von Gott her geschenkt bekommen hatte:
"Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt." (Joh 15,13)
Christentum ist die Religion der "größeren Agape". Wenn wir von Liebe sprechen, so meinen wir nicht den Druck der Hormone, nicht die flüchtige Sympathie des Augenblicks, sondern die Hingabe, die wir dem gekreuzigten Herrn abgeschaut haben.
"Daran haben wir die Liebe erkannt, dass Er sein Leben für uns hingegeben hat. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben." (1 Joh 3,16)
Christliche Ehe aber ist hineingestellt in die bräutliche Erlösungsliebe Christi zu seiner Kirche. Mit Recht erklingt daher oft bei Hochzeiten die Charismenordnung des Paulus, der im 1. Korintherbrief aber nicht eine romantische Parkbankszene vor Augen hat, wenn er jenen Text formuliert, der als das "Hohelied der Liebe" berühmt geworden ist:
"4 Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. 5 Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. 6 Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit 7 Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. 8 Die Liebe hört niemals auf. … 13 Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe." (1 Kor 13,4-8.13)
Die Liebe, die wir meinen, ist Hingabe. Diese Hingabe
"in guten und in bösen Tagen" ist aber nicht wirklich unsere Leistung
und unser Werk, sondern die Gnade die Christus kraft
seiner erlösenden Liebe schenkt. Für die Kirche ist daher jeder Ehebund unter
Getauften, "durch den Mann und Frau miteinander die Gemeinschaft des
gesamten Lebens begründen" zugleich übernatürliches Sakrament; hineingetaucht also in
Das Licht der Bibel eröffnet also eine neue Dimension der Liebe, die sich in
der Verbindung von Mann und Frau eröffnet: beide werden in der Hingabe eins.
Gott hat den Menschen nicht in eine Falle gelockt, indem er ihn als Mann und
Frau geschaffen und aufeinander zugeordnet hat. Sondern die auf
Nachkommenschaft hin fruchtbare Ehe ist gleichsam der Ort, wo sich die Liebe
Gottes in das Menschliche hinein übersetzen möchte. Mann und Frau nehmen sich
gegenseitig an mit der Liebe, mit der Christus sich für seine Kirche hingegeben
hat (Eph 5). Beide dürfen wissen, dass ihre Beziehung nicht Liebelei ist, nicht
bloß ein "Trick ihrer Hormone", sondern eine Kraft und eine Gnade,
durch die Christus in ihrem Bund selbst gegenwärtig wird. Es ist seine Liebe,
mit der sie einander lieben und seine Aufforderung zur unverbrüchlichen Treue
auch wirklich leben können! Sein neues Gebot lautet ja: "Liebt einander!
Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben." (Joh 13,34;
vgl. Röm 13,8) Der heilige Bernhard formuliert von daher gleichsam das Gesetz
christlicher Liebe: "Das Maß zu lieben ist, ohne Maß zu lieben." -
Die Provokation dieser Maßlosigkeit in der ehelichen Liebe möchte die Bibel
auch heute keinem ersparen!
Karl Josef Wallner
Die Bibel wird in ihren Forderungen oft schon deshalb als provokant empfunden, weil sie nicht menschliche Meinungen formuliert, sondern göttliche Forderungen wiedergibt. So zeigt ein Rundgang durch die biblische Botschaft über Ehe und Familie, dass in den beiden Schöpfungsberichten zwar das Ideal des Schöpfergottes über die Beziehung von Mann und Frau angegeben wird: Mann Frau sind verschieden geschaffen (Gen 1,27), damit sie "ein Fleisch" (Gen 2,24) sein können. Dieses Ideal ist jedoch bereits im Alten Testament auf vielfache Weise verdunkelt: vor allem durch die Polygamie und die Möglichkeit der Entlassung der Frau mittels Scheidebrief (Dtn 24,1). Zugleich leuchtet positiv die Vorstellung auf, dass der Bund Gottes mit Israel sich analog zu dem Bund zwischen Mann und Frau verhält (z. B. Hos 2,20-22). Der neue Bund, den Jesus herstellt, gipfelt daher in der geradezu radikalen Wiederherstellung des ursprünglichen Eheideals, mit dem Verbot der Ehescheidung und der Wiederheirat (Mk 10,2-12parr). Die junge Kirche vertieft im Blick auf den Kreuzestod Christi diese Parallelsetzung theologisch im 5. Kapitel des Epheserbriefes und folgert: die eheliche Hingabe von Mann und Frau ist ebenso unwiderruflich wie die Hingabe Christi für seine Kirche. Die von Gott am Anfang der Schöpfung eingesetzte Mann-Frau-Verbindung ist durch Christus zum heilstiftenden "Sakrament" erhoben. Die eigentliche Provokation des neutestamentlichen Eheverständnisses liegt aber in dem Begriff von "Liebe". Denn "Liebe" ist für Christen zuerst und vor allem "agape", das bedeutet Hingabe; dieser Liebesbegriff steht im Widerspruch zur Auffassung von Liebe als reinem "Selbstgenuß" oder egozentrischer "Selbstbeglückung", weil christliche Agape-Liebe ihr Maß an der Leidensbereitschaft Christi nehmen muss.
P. Dr. Karl Josef
Wallner OCist – Curriculum Vitae
Geboren 1963 in Wien; seit 1982 Zisterzienser in Heiligenkreuz, seit 1988 Priester mit verschiedenen seelsorglichen Aufgaben in Heiligenkreuz, Gaaden usw. 1992 Promotion "sub auspiciis praesidentis" an der Universität Wien mit dem Dissertationsthema über die Trinitätskonzeption Hans Urs von Balthasars in Auseinandersetzung mit und Abgrenzung von Hegel. Von 1991 bis 1998 Pfarrer von Sulz im Wienerwald, von 1992 bis 1993 zusätzlich Pfarrer in Gaaden, von 1993 bis 1998 Dekanatsjugendseelsorger und Mitglied des Pastoralen Vikariatsrates der Erzdiözese Wien. Seit 1993 Professor für Dogmatik, seit 1997 auch für Sakramententheologie an der 1802 gegründeten Philosophisch-Theologischen Hochschule Heiligenkreuz, seit 16. Juli 1999 Dekan der Phil.-Theol. Hochschule. Seit 2000 Mitglieder der Familienkommission der Österreichischen Bischofskonferenz und einiger diözesaner Gremien. Zusätzlich zu den Aufgaben an der Hochschule seit Frühjahr 1999 Jugendseelsorger des Stiftes und seit 2001 Jugendkaplan der Pfarre Heiligenkreuz. Im Jahr 2002 für die Jubiläumsfeierlichkeiten "1000-Jahre-Wienerwald" und "200-Jahre-Hochschule" verantwortlich.
Bücher:
K. J. Wallner, Gott als Eschaton.
Trinitarische Dramatik als Voraussetzung göttlicher Universalität bei Hans Urs
von Balthasar, Heiligenkreuz 1992 (ISBN 3-851-05006-1)
K. J. Wallner (Hrsg.), Denken und Glauben. Perspektiven zu "Fides et Ratio", mit Beiträgen von Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz u. a., Heiligenkreuz 2000, ISBN 3-85105-121-1,
360 Seiten, (Heiligenkreuzer Studienreihe Band 9).
K. J. Wallner, Sühne – heute aktuell? Wien 1999;167
Seiten; ISBN 3-9501016-0-8
G. L. Müller / K. J. Wallner, Was bedeutet Maria uns Christen. Die Antwort des
Konzils, Wien 1994.
K. J. Wallner, Licht aus einer anderen Welt. Argumente für die christliche
Offenbarung, Wien 1997.