Ehepaar Dr. Jean
und Anouk Meyer, Paris
Jede Geschichte einer Liebe ist ein tiefes Geheimnis. Darum
stellt mich die Überschrift dieses letzten Vortrags vor eine eigenartige Schwierigkeit.
Diese Überschrift heißt ja “Gemeinsame wachsen und reifen. Aber jeder von uns
hat seinen eigenen Rhythmus, und erst recht hat jedes Paar seinen Rhythmus. Und
wie wichtig ist es doch, den Rhythmus eines jeden zu lieben und zu
respektieren!
Wenn nun die Liebe eine Quelle ist, dann besteht die eigentliche Bestimmung
dieser Quelle darin, das Land, in das sie sich ergießt, zu bewässern und das
Leben wachsen und Frucht bringen zu lassen.
Wir müssen also nochmals auf das Ehepaar selbst zurückkommen. Ich schlage Ihnen
vor, uns im Blick darauf einer Forderung und einer Herausforderung bewusst zu
werden.
Die Forderung ist die nach gegenseitiger Mitteilung, (nach Kommunikation). Und
die Herausforderung besteht darin, das Böse in seinen vielfältigen Formen zu
besiegen, denn die Lebenswirklichkeit eines Paares ist nicht immer einfach.
Bei diesem Kampf um die Fülle des ehelichen Lebens werden wir dahin geleitet,
ein Sakrament wieder zu entdecken, das eine entscheidende Bedeutung besitzt
nicht nur für das Leben des Einzelnen, sondern auch für das Leben des Paares
nämlich das Sakrament der Wiederversöhnung.
Unsere Ausführung enthält also den Plan, nach dem wir vorgehen wollen: zunächst
sprechen wir von der Kommunikation des Paares und von den Regeln, nach denen
sie sich vollzieht. Danach werden wir nach der Rolle der Vergebung im Eheleben
fragen.
Gespräch
das ist ein sehr banaler Wort. Dennoch ist es
wesentlich, dass durch unsere Kommunikation erkennbar verstanden und erlebt wird,
was uns verbindet. Andernfalls fühlen sich die Personen frustriert und
unverstanden. Eheliches Gespräch, Kommunikation in der Ehe fordert besonders
viel, denn durch den Austausch von Worten hindurch vollzieht sich letztlich
eine Lebensmitteilung. (Kommunikation wird zu Kommunion.)
Versuchen
wir daher, zum Eigentlichen bei der Beschreibung der Tatsache des “ehelichen
Gesprächs und ziehen wir dann daraus einige Konsequenzen, damit das Gespräch
gelingen kann und konstruktiv wird.
Wenn das Gespräch der Lebensmitteilung dienen soll ,
dann muss man wichtige Charakteristika des Gesprächs von Liebenden klar haben.
Es muss nämlich ehrlich, von Vertrauen getragen und der Tiefe des anderen
zugewandt sein. Darum ist es manchmal notwendig, das, was man zunächst spontan
denkt, zurückzuhalten, vor allem wenn man in Zorn gerät. Es ist vielmehr
dringend notwendig, zunächst darüber nachzudenken, was man sagen will.
In der Tat, das Thema Gespräch in der Ehe ist kompliziert, denn es ist eines
der Themen, bei denen man zunächst einmal Misstrauen hegen muss gegen sich
selbst. Das Verhalten des einen wird nämlich stark vom Verhalten des anderen
beeinflusst, sogar dann, wenn keine Worte fallen, weil selbst die Stille in der
Zweisamkeit eine Art Mitteilung darstellen kann. Deshalb kann ich mir
vorstellen, dass es ein Ehegespräch geben könnte, das etwa folgendermaßen
abläuft:
Frau Dupont:
Hör auf mich zu nerven!
Herr Dupont: Ich habe doch gar nichts gesagt!
Frau Dupont: Ja. Aber ich ertrage es nicht, wie du vor dich hin schaust weder
auch nicht den Ausdruck deines Schweigens.
1.1. Erste Gesprächsregel
Verstehen
wir uns richtig: Das heißt nicht, dass man sich nicht mitteilen sollte was
übrigens auch nicht möglich ist. Es heißt vielmehr und das ist unsere erste
Regel dass man nicht meinen darf, man selbst hätte immer recht.
Mehr noch, es ist notwendig, wenn man sich mitteilt, voneinander zu
unterscheiden, was man mitteilt, und die Art, wie man es tut. Grundsätzlich ist
das, was man mitteilt, die Hauptsache. Aber die Art, wie man es mitteilt, kann
zum Hauptinhalt der Aussage werden, und diesen muss man zu deuten wissen.
1.
Beispiel:
Einer der beiden stellt fest:" Na, es ist kein Brot auf dem Tisch!"
Scheinbar ist das eine Feststellung, aber in Wirklichkeit soll der andere verstehen,
dass jetzt und ich unterstreiche dieses Jetzt
einen Dienst fällig ist den er tun soll.
2.
Beispiel:
Frau Dupont sagt: “Seit wann sind wir nicht mehr miteinander ausgegangen?³ Scheinbar ist das eine harmlose Frage, die die
Vergangenheit betrifft, fast eine historische Forschung. Es wäre aber ratsam,
dass Herr Dupont versteht, dass es sich in Wirklichkeit um eine Einladung
handelt, die die Zukunft betrifft, ja sogar eine sehr nahe Zukunft.
3.
Beispiel:
Vor einem Schrank voller Kleidungsstücke äußert einer der beiden: “Ich habe
nichts zum Anziehen!³ Der andere hat dann zu verstehen,( aber das ist nicht
immer einfach), dass der Blickpunkt jedes einzelnen sehr persönlich ist und die
Tatsache, dass man sich liebt, nicht garantiert, dass man sich sogleich und
einfach versteht.
1.2.
Zweite Gesprächsregel
Die zweite
Regel für das Gespräch in der Ehe ist folglich sehr einfach: damit das Gespräch
wirksam sein kann, muss jeder das eigentliche Ziel der Mitteilung erkennen.
Man muss auch bisweilen misstrauisch sein hinsichtlich der Art und Weise, in
der wir das Wort ergreifen. So kann man manchmal vielleicht folgende Botschaft
hören: “Sag mir nichts. Ich weiß was du mir sagen willst.³ Diese Haltung ist
gefährlich, denn wenn jeder wirklich erraten könnte, was der andere sagen wird,
so ist es doch nicht immer sicher. Außerdem ist es besser, dass jeder sich
persönlich ausdrückt und dem anderen seine Absicht mitteilt.
Gleichfalls muss man misstrauisch sein gegenüber konfusen Mitteilungen, deren
Sinn aber in einem gegebenen Kontext sehr klar ist. So z.B.: Wer hat denn die
Schuhe oder Bürsten an diese unmöglichen Stelle geräumt?³
Das leitet uns zu unserer dritten Regel der Kommunikation: Eine gute Mitteilung
ist nicht egozentrisch, denn man spricht nicht mit lauter Stimme zu sich selbst
und die Botschaft muss klar sein.
Hinsichtlich konfuser Botschaften kann man, ohne sich dessen bewusst zu sein,
manchmal in krasse Widersprüche geraten.
Zum
Beispiel: Frau Dupont: “Du setzt mich immer ins Unrecht.
Herr Dupont: “Das stimmt überhaupt nicht.
Frau Dupont: “Da siehst du es ja wieder immer bin ich für dich im Unrecht.
Herr Dupont: “Tatsächlich.³
Frau Dupont: “Jetzt gibst du es endlich zu, dass ich für dich immer Unrecht
habe.
Wie Sie
sehen, ist es für unser eheliches Gespräch wichtig, dass wir sehr aufmerksam
bleiben und nie die erste Regel vergessen.
1.3.
Streitkultur
Vielleicht
müssen wir jetzt an ein wichtiges Kapitel des ehelichen Gesprächs gehen, ein
Kapitel, über das man gar nicht oder zu spät spricht ich meine das Streiten.
Im Grunde genommen ist man oberflächlich hinsichtlich der liebenden
Partnerschaft. Nimmt man an, entweder dass alles gut geht man könnte denken,
der charmante Prinz umarmt Schneewittchen, oder dass man über nichts mehr einer
Meinung ist, d.h. dass man sich nicht mehr liebt, dass man sich trennt. Aber
all dies ist von Anfang bis Ende falsch. Interessant ist nicht in erster Linie
der Kuss des Prinzen, sondern was man sich danach sagt.
Mehr noch: man kann sich sehr lieben, ohne in allem einer Meinung zu sein und
man muss sogar sagen, dass, wenn man sich liebt, man einig darin ist, nicht
über alles einer Meinung zu sein. Vielleicht sogar noch mehr: Man freut sich
über die Originalität des anderen und relativiert die Forderungen und manchmal
sogar die Meinungen und Launen der eigenen kleinen Person. Darum ist es
wichtig, das Thema des Streitens anzugehen und ich schlage einige Regeln vor,
damit das mindestens einmal im Leben unvermeidliche Streiten letztlich
konstruktiv sein kann.
1.
Regel: Der Gegenstand des Streites muss klar ausgedrückt
werden. Sich über den schlechten Charakter des einen oder des anderen zu
streiten oder über die Unvollkommenheiten der Schwiegerfamilie,
ist selten konstruktiv. Man muss das konkrete und eigentliche Faktum kennen,
das den anderen verletzt haben könnte.
2.
Regel: Es ist unumgänglich, den Gegenstand des Streitens zu
begrenzen, sonst wird daraus ein Weltkrieg.
3.
Regel: Man darf die Anklage nicht dadurch unterbrechen, dass
man auf eine Anschuldigung mit einer anderen antwortet. Diese Regel sollte im
Eheleben sehr früh beachtet werden, denn sie ist sehr schwer zu leben. Das
Wesentliche ist hier, dass jeder wirklich hinhört auf das, was der andere sagen
will.
4.
Regel: Es ist äußerst wichtig, sich nicht vor den Kindern
oder anderen Personen zu streiten, weil dieser Umstand zu neuem Streit führt.
5.
Regel: Wühlen Sie nicht so lange im Schrank herum, bis nur
noch sein Gerüst steht! Man sollte sich nur über Probleme auseinandersetzen,
die noch aktuell sind. Der Zeitraum für Kummer sollte einen Monat nicht
überschreiten. Darüber hinaus muss man ihn über Bord werfen können.
6.
Regel: Man darf nie die Schwelle der Verletzheit
des anderen übertreten. Jeder von uns ist psychologisch sehr stark, aber jeder
hat auch seine Achillesferse. Und die muss unbedingt beachtet werden.
Insgesamt
kann man sagen, dass das Streiten im Eheleben seinen Platz hat und nicht
außerhalb des Rechts steht. Das Ziel der ehelichen Auseinandersetzung bleibt
sich immer gleich: sie hat immer so zu erfolgen, dass sie der Gemeinsamkeit
dient. Mit anderen Worten: Man muss durch den Streit hindurch, um zum Frieden
zu gelangen.
Lassen Sie mich den ersten Teil unseres Vortrags folgendermaßen zusammenfassen:
im ehelichen Gespräch muss man weil man nicht denken darf, das man selbst
immer im Recht ist über die Grenzen der Gerechtigkeit hinausgehen und dadurch
lernen, die Initiative zur Versöhnung zu ergreifen. Darum ist es notwendig,
jeden Tag den Blick auf den anderen zu erneuern, denn dieser ist mehr und gilt
mehr, als unser Blick wahrnimmt.
Die
Vergebung baut die Liebe auf
Die Früchte der Vergebung für das Ehepaar
Vom ersten
Anfang an nimmt man wahr, wie sehr die Sünde das eheliche Leben bedroht.
Die Ehe ist
ein Bund, der sich in der Gemeinsamkeit entfaltet. Die Sünde allerdings macht
ihn zerbrechlich und verhindert so, dass er zu seiner Fülle kommt. Gewiss, die
Sünde vernichtet das Sakrament nicht, aber sie widerstreitet seinen Wirkungen
im Leben der Eheleute. Indem das Sakrament der Wiederversöhnung die Freundschaft
des Menschen mit Gott wiederherstellt, stärkt und belebt es die ehelichen
Bindungen.
Über diese Wirkkraft der Gnade möchte ich im Verlauf des Vortrags einiges
sagen. Sehr viele junge Menschen und manchmal auch nicht mehr so junge
leben am Rande der Ehe. Oft versuchten sie, dieses Verhalten mit folgendem Raisonnement zu rechtfertigen: Heiraten bedeutet, das
Risiko auf sich zu nehmen, dass man sich gegenseitig weh tut, ohne dass man
auseinander gehen kann. Um nicht leiden zu müssen, ziehen deshalb viele vor,
nicht zu heiraten.
Diese Haltung ist, wie man sieht, die Folge der Befürchtung, sich gegenseitig
zu verletzen, oder oftmals sogar noch eher eine regelrechte Verzweiflung
angesichts der Liebe als solcher. Die Liebe wird von vielen als zu zerbrechlich
empfunden, als dass man darauf einen endgültigen Bund bauen könnte. Daraus
entsteht wohl eine der pastoralen Prioritäten unserer Zeit: aufzuzeigen, dass
die eheliche Liebe in sich selbst eine Kraft enthält, die es ermöglicht,
Lebenskrisen zu bestehen. Von einem praktischen Blickwinkel aus, ist das
Sakrament der Versöhnung ein wunderbares Geschenk der göttlichen
Barmherzigkeit, das die Eheleute begleitet auf ihrer irdischen Pilgerfahrt.
Nach diesen einleitenden Überlegungen erlaube ich mir zwei wichtige
Gesichtspunkte zu betonen:
1.
In der Ehevorbereitung ist es außerordentlich wichtig die
unvermeidlichen Schwierigkeiten des ehelichen Lebens als normal darzustellen.
Die jungen Leute, die sich auf ihre Ehe vorbereiten, könnten versucht sein, aus
solchen Zeichen einen Mangel an Liebe herauszulesen. So ist es aber keineswegs.
Es wäre wahrhaftig eine ärmliche Auffassung von Liebe, wenn man aus ihr ein
Gefühl machen wollte, das unfähig wäre, sich den vielen Gesichtern des Bösen
entgegenzustellen. Deshalb ist es notwendig, ganz ruhig zu erklären, dass das
Alltagsleben manchmal ein Ort der Prüfung ist und dass ohne diese Prüfung die
Liebe sich selbst nicht vollständig entdecken kann.
2.
Mir scheint es auch wichtig zu sein, die mit dem christlichen
Leben verbundene Dimension der Umkehr zu betonen. Auf diese Weise nämlich
erscheint es nicht mehr als außergewöhnliches Tun, wenn jemand zur Beichte
geht, sondern sie wird als ein normales Mittel des Vollkommenheitsstrebens
erkennbar, ohne das man nicht von authentischem christlichem und ehelichem
Leben sprechen kann.
Mein Beitrag
wird zwei Gesichtspunkte näher ausführen: im ersten werde ich die Notwendigkeit
der Vergebung aufzeigen. Im zweiten will ich eingehen
auf den Erfolg der sich durch den Empfang des Bußsakraments einstellt.
2.1.
Die Notwendigkeit der Vergebung
“Die Liebe
der Gatten erfordert von Natur aus die Einheit und Unauflöslichkeit ihrer
personalen Gemeinschaft, die ihr ganzes Leben umfasst: ’Sie sind nicht mehr
zwei, sondern eins (Mt 19,6). Sie sind ’berufen, in ihrer Einheit ständig zu
wachsen durch die Treue, mit dem sie täglich zu ihrem Eheversprechen
gegenseitiger Ganzhingabe stehen (FC 19). Diese menschliche Gemeinschaft wird
durch die im Sakrament der Ehe gegebene Gemeinschaft in Jesus Christus bekräftigt,
geläutert und vollendet. Sie vertieft sich durch das gemeinsame Glaubensleben
und durch die gemeinsam empfangene Eucharistie. (KKK 1644)
Der Bund, den die Ehe darstellt, steht also am Anfang der ehelichen communio. Sobald Sünde auftaucht, wird diese communio geschwächt oder gar teilweise zerstört. Was durch
den Willen Gottes ein Mittel sein soll, um zum Ziel zu kommen, wird so brüchig
und verletzt. Denn wenn man das eigentliche Ziel aus dem Auge verliert, dann
verlieren auch die Mittel, die zu diesem Ziel führen sollten, ihren vollen
Sinn.
Der allgemeine, Abbau, Destruktion der durch die Sünde entsteht, ist
offensichtlich und bleibt doch geheimnisvoll. Das erste Übel liegt im
menschlichen Willen, der Gott den geforderten Gehorsam streitig macht. Dass
innere Abrücken, das sich dabei vollzieht, hat eine innere Uneinigkeit zur
Folge. “Die Harmonie, die sie der ursprünglichen Gerechtigkeit verdankten, ist
zerstört; die Herrschaft der geistigen Fähigkeiten der Seele über den Körper
ist gebrochen; die Einheit zwischen Mann und Frau ist Spannungen unterworfen;
ihre Beziehungen sind gezeichnet durch Begierde und Herrschsucht.³ (KKK 400)
Es ist gut, einige Bemerkungen dazu zu machen, die sich aus unserer Perspektive
ergeben:
Die Spannungen und Misserfolge im ehelichen Leben sind von ihrem Wesen her
leicht wahrnehmbar und psychologisch auch leicht zu durchschauen, aber in der
Logik der Sünde handelt es sich dabei nur um Folgen. Die Tatsache, dass man
unter ihnen ganz besonders leidet, kann uns nicht vergessen machen, dass das
eigentliche Heilmittel sich schon, wie man sagen könnte, davor befindet,
nämlich im Herzen des Mannes und der Frau.
Hier liegt auch schon der Ansatz für meine zweite Bemerkung: es reicht nicht,
dass man sich auf das Herz jedes einzelnen bezieht. Man muss noch weiter gehen
und bedenken, dass diese Innerlichkeit die Stelle ist, an der der Mensch auf
Gott selbst stößt, auf den, der ihm innerlicher ist als er selbst. Dies ist
genau die Stelle, an der die menschliche Sünde und mit ihr das Unglück
entspringen.
Schließlich ist es bemerkenswert, dass die Sünde eine Art Riss hervorruft,
gegen den der andere nichts vermag, an dem er jedoch möglicherweise selbst
zerbrechen kann.
Man versteht leicht, dass diese Bemerkungen uns sensibel machen wollen dafür,
dass die Sünde das tiefste Übel ist, ein geheimnisvolles Übel, und als erstes
muss man lernen, es beim Namen zu nennen. Nichts wäre für das Leben der
Eheleute bedauerlicher, als wenn sie ihren wahren Feind die Sünde
unterschätzen würden und als wenn sie sich bei der Suche nach Lösungen ihrer
Konflikte auf rein menschliche Mittel verließen. Diese Mittel mögen nützlich
und achtenswert , manchmal sogar notwendig sein, aber
sie sind unzureichend, um den wirklichen Schwierigkeiten entgegenzutreten, auf
die das Ehepaar bei seinem irdischen Pilgerweg in Richtung Ewigkeit stößt.
Die Lage, in der sich die menschliche Person aufgrund der Verletzung durch die
Sünde befindet, ist darum so delikat, weil unsere Stammeltern nach dem
Sündenfall zunächst einem schlechten Reflex gefolgt sind. Anstatt sich Gott mit
ihrem wahren Sein zu stellen, verbargen sie sich vor Gott (Gen 3,8) und trugen
in ihrem Innersten das Übel weiter, das so sein verborgenes zerstörerisches
Werk fortsetzen, seinen Griff auf beide verstärken und sie immer weiter von der
innigen Gemeinschaft des Anfangs entfernen konnte.
Diese Entfesselung des Bösen wird einzigartig deutlich, wenn man mit Johannes
Paul II. die Beziehung von Adam und Eva, die sie vor dem Sündenfall hatten, mit
derjenigen vergleicht, die ihm folgte. Man könnte sagen, dass sich bei Adam
zwei Arten “Frau zu sagen zeigen. Im Anfang, als Adam, überrascht von seiner
Entdeckung Evas die Tiefe derer erkennt, die er liebt, entdeckt er zugleich
auch seine eigene Tiefe. Indem er von ihr spricht, spricht er auch von sich
selbst und seine Worte spiegeln eine Dankbarkeit , ja
sogar so etwas wie ein Dankgebet für dieses unerhörte Geschenk. Hier wird seine
tiefste Sehnsucht erfüllt und zwar in einer Art, die er in seinen kühnsten
Träumen nicht erahnen konnte.
Die Originalität und die Tatsache der gegenseitigen Ergänzungsfähigkeit werden
durch die ehrfurchtsvollen Worte Adams voll benannt, weil sein Antlitz und sein
Herz ganz offen standen. Im Morgenrot ihres Bundes nimmt man so bei beiden ein
Antlitz wahr, dessen Reinheit und Tiefe nur von der Gnade herrühren, die Gott schenkt und die man annimmt.
Alles weitere ist die Befindlichkeit nach der Sünde.
Jetzt entlastet sich Adam hinsichtlich seiner Verantwortlichkeit auf Kosten
Evas und kann nicht mehr sagen, wer eigentlich diese Frau ist. In seinem Satz:
“Die Frau, die du mir beigegeben hast... (Gen 3,12) lässt er durchblicken, dass
er seine Frau nicht mehr in ihrer Einmaligkeit und Liebenswürdigkeit
betrachtet. In Grenzsituationen und so wird es von vielen Paaren in Laufe der
Geschichte erlebt wird der andere nicht mehr als Geschenk wahrgenommen,
sondern eher als Last, die man nicht mehr dankbar annimmt, sondern die man
gegen Gott selbst wendet, als wäre er verantwortlich für unsere Misserfolge.
Kurz: Adam kann nach seiner Abwendung von Gott in seiner Frau nicht mehr das
Wesen erkennen, das ihm hilfreich beisteht und ihn auf seinem Weg zu Gott
vollendet. Seine Entfernung von Gott macht ihn blind für seine eigene Person
folglich auch für die, die mit seinem eigenen Geheimnis verbunden ist. Diese
Situation stellt so etwas wie einen Archetyp dar für den Riss, der das Paar
trennt. Wenn einer der beiden sich freien Willens von Gott trennt, hört er auf,
den anderen beglückt und dankbar als einen Weg zu Gott zu begreifen. Aber im
tiefsten ist es dessen Persönlichkeit, die dadurch nicht mehr anerkannt und
verehrt wird. Darin liegt so etwas wie eine Logik des Übels, und es geht darum,
sich dessen bewusst zu werden. Indem er sich von seinem Ziel abwendet, kann
Adam seinen Weg zu Gott nicht mehr mit Freude wahrnehmen, denn seine Sünde
erinnert ihn unablässig an seinen Fehler. Er hat nicht direkt gegen seine Frau
gefehlt. Gerade weil die Gattin für den Gatten und umgekehrt ein Geschenk von
Gott selbst ist, muss der wahre und ganzheitliche Blick auf den anderen in ihm
einen Aufruf dazu erkennen, in seinem Wesen den Geber selbst zu sehen,
letztlich den, der als erster liebte. Das Risiko ist also groß, dass die Sünde
den Blick dafür trübt, wer der andere ist, und bringt die Ungerechtigkeit mit
sich, dass man in ihm nicht mehr seine übernatürliche Identität erkennt, die
ihn zutiefst und am authentischsten kennzeichnet.
Diese theologischen Überlegungen lassen sich direkt auf das Eheleben
übertragen. Wenn man sagt, dass Adam und Eva sich verstecken, dann bedeutet
dies, das die Sünde die Eheleute aus dem Licht
entfernt. Wer sich nicht durch den Empfang des Sakramentes der Versöhnung
wieder befreit, hält sich das Licht fern, und dies lässt das Leben selbst arm
werden an Licht. Man könnte, psychologisch gesehen, ein Gewissen hervorbringen,
das desensibilisiert ist für das Böse und wenig geneigt, feinfühlig das wahre
Wohl des anderen wahrzunehmen. Auf der anderen Seite könnte man auch ein
Gewissen finden, das von Schuldgefühlen erdrückt wird, aber nicht den
befreienden Weg der Reue einschlägt. Reue aber wäre der Weg zur Vergebung und
zum Wiederaufleben. Solche unterschiedlichen Pathologien könnten sich auch
wieder finden in der innerehelichen Kommunikation, die so sehr des Lichtes und
der geschenkten und empfangenen Vergebung bedarf.
Wer würde sich hier nicht an die schweren Momente des Schweigens erinnern,
eines Schweigens, das beladen ist mit Andeutungen oder sich Luft macht durch
oberflächliche Rederei, weil die Stille unerträglich zu werden droht. Deshalb
sind auch die Entrüstung, in die Worte des Partners versetzen können, und die
Unfähigkeit sich selbst auszudrücken, ohne den Blick oder Kommentar des anderen
zu fürchten, Hinweise auf eine eheliche Krise, die immer eine Krise des Lichtes
ist. All dies beweist nur die Dringlichkeit, wie sehr die menschliche Liebe der
Wohltat der sakramentalen Vergebung bedarf.
2.2.
Der Erfolg des Bußsakramentes
Dieses Wort
kann überraschen. Es scheint mir aber sehr angemessen, um die Freude und die
Wandlungskraft auszudrücken, die dieses Sakrament immer mit sich bringt. Es ist
die Sache der Ehegatten, dass sie sich dessen immer stärker und tiefer bewusst
werden. Es gibt einige Gründe, die dieses Phänomen erklären.
Diese vier
Charakteristika haben bedeutsame Folgen im Rahmen des Ehelebens. Da das
Sakrament der Vergebung die Freundschaft mit Gott erneuert, wird auch der Blick
auf den anderen verändert. Wenn man diesen Ausdruck nicht für romantisch halten
könnte, würde ich am liebste sagen: die Vergebung verzaubert den anderen
erneut. Genauer gesagt, die empfangene Gnade macht es möglich, den anderen in
seiner tiefsten Wahrheit zu erkennen. Aus diesem Grund wird die echte Tiefe des
anderen wieder zugänglich und liebenswert. Folglich müssen jegliche Routine und
Insensibilität dem anderen gegenüber, die sich wie ein Rost auf die Beziehung
legen, als Feinde angesehen werden, die es zu bekämpfen gilt.
Wenn mir bei all meiner Schwachheit Gott vergeben hat, dann kann auch ich den
anderen in seiner Schwäche annehmen. Sie ist nicht länger ein unüberwindliches
Hindernis, sondern viel eher die Gelegenheit für einen erneuerten Blick, der
aufnahmefähig ist für das, was in der wahren Liebe gratis geschenkt wird.
Wir haben vorhin auf die Schwierigkeiten des Paargesprächs hingewiesen. Indem
nun das Sakrament der Versöhnung das Herz heilt, bringt es uns auch auf den Weg
der Heilung unserer Worte und unserer Aufmerksamkeit. Die sakramentale
Vergebung vermag noch mehr. Sie bringt ihn oder sie, also den, der es empfangen
hat, dazu, ein neues Wort zu wagen, das die Kraft entfaltet, den Ehegatten mit
einer eigenen erneuerten Disposition in einer neuen Tiefe zu treffen .
Was jeder Christ glaubt, trifft sehr konkret auf die Erfordernisse jeder Ehe
zu: wir müssen uns gegenseitig vergeben, weil wir uns mit zwar wirklicher, aber
dennoch unvollkommener Liebe lieben. Mit anderen Worten: alles geschieht, als
ob jede eheliche Liebe eines Tages auf die unvermeidlichen Grenzen der Eheleute
stieße. Und in diesem Augenblick scheint die Frohbotschaft der Vergebung der
Sünden als die einzige realistische Antwort auf das Böse auf das die
menschliche Liebe verderben will. So lange also die menschliche Liebe nicht bis
dahin vorgedrungen ist, bleibt noch etwas von ihrer Tiefe, Stärke und von Ihrem
Reichtum zu entdecken.
Etwas praktischer gewendet sollte das Gebet um Vergebung und um die
Bereitschaft zu vergeben eine der Facetten des gemeinsamen Gebetes der Eheleute
sein.
Schließlich ist es gut zu unterstreichen, dass und viele Eheleute sind mir
dafür Zeugen die erhaltene oder geschenkte Vergebung innerhalb des Paares nie
als psychologischer Sieg des einen über den anderen erlebt wird und werden
darf. Es ist in Wahrheit immer das Paar als solches ,
das den Sieg davon trägt, auch wenn einer der beiden in einem gewissen
Zeitpunkt eine größere Anstrengung oder ein schwereres Opfer bringt.
Die Wahrheit
ihres Bundes, ihr gemeinsames Wohl siegt, wenn die Vergebung geschenkt oder
empfangen wird.
Dieser
letzte Gedanke ist wichtig, damit der Vergebung jegliche Herablassung genommen
wird und so ohne Hintergedanken und auf einer gesunden Basis die Kommunikation
und seelische Gemeinschaft des Paares wieder aufleben kann.