Papst via Satellit an die Teilnehmer des
Weltfamilien-Treffens in Manila
1.
Mit meinen Gedanken und meinem Gebet bin ich bei euch, liebe Familien auf den
Philippinen und aus vielen anderen Teilen der Welt. Ihr seid zu eurem vierten
Welttreffen nach Manila gekommen. Mit herzlicher Zuneigung grüße ich euch im
Namen des Herrn!
Gerne richte ich bei dieser Gelegenheit einen herzlichen Segensgruß an alle
Familien der Welt, die ihr vertretet: „Gnade, Erbarmen und Friede von Gott, dem
Vater, und Christus Jesus, unserem Herrn" (1 Tim 1,2)!
Ich danke dem Päpstlichen Legaten, Herrn Kardinal Alfonso López Trujillo, für
die freundlichen Worte, die er auch in eurem Namen an mich gerichtet hat. Ihn
und seine Mitarbeiter im Päpstlichen Rat für die Familie möchte ich zu dem
Aufwand an Mühe und Sorgfalt in der Vorbereitung dieses Treffens
beglückwünschen. Mein herzlicher Dank gilt auch dem Erzbischof von Manila,
Kardinal Jaime Sin, der uns in diesen Tagen so großherzig aufnimmt.
2.
Mir ist bekannt, dass ihr in der soeben abgehaltenen pastoral-theologischen
Versammlung das Thema „Die christliche Familie, eine frohe Botschaft für das
dritte Jahrtausend" vertieft habt. Ich habe diese Worte im Hinblick auf
euer Welttreffen gewählt, um die hohe Sendung der Familie zu unterstreichen.
Denn Familien, die das Evangelium in ihr Leben hineinnehmen und sich von seiner
Botschaft erleuchten lassen, übernehmen die anspruchsvolle Verpflichtung, zu
seinen Zeugen zu werden.
Christliche Eheleute, seid in Christus das Licht der Welt
durch eure Gemeinschaft des Lebens und der Liebe, durch euer gegenseitiges sich
Schenken und durch die hochherzige Annahme der Kinder! Der Herr bittet euch,
jeden Tag gleichsam das Licht zu werden, das nicht verborgen bleibt, sondern
das man auf den Leuchter stellt, damit es allen im Haus leuchtet. (vgl. Mt
5,15).
3.
Macht euch vor allem zur „frohen Botschaft für das dritte Jahrtausend",
indem ihr ernsthaft eure Berufung lebt. Der Ehebund, den ihr vor kurzer oder
längerer Zeit geschlossen habt, ist für euch die spezielle Art und Weise,
Jünger Jesu zu sein, zum Aufbau des Reiches Gottes beizutragen und den Weg der
Heiligkeit zu beschreiten, zu der jeder Christ berufen ist. Die christlichen
Eheleute, so bekräftigt das II. Vatikanische Konzil,
„gelangen mehr und mehr zu ihrer eigenen Vervollkommnung und zur gegenseitigen
Heiligung" (Gaudium et spes, 48), wenn sie ihre
ehelichen und familiären Pflichten erfüllen.
Nehmt die Liebe vorbehaltlos und vollständig an, die Gott als erster euch im
Ehesakrament schenkt und durch die er euch zur Liebe fähig macht (vgl. 1 Joh
4,19). Bleibt immer fest verankert in dieser Sicherheit, der einzigen, die
eurem Leben Sinn, Kraft und Freude verleihen kann: Die Liebe Christi wird euch
nie verlassen, und sein Bund des Friedens mit euch wird nicht wanken (vgl. Jes
54,10). Die von Gott gewährte Gnade und Berufung sind unwiderruflich (vgl. Röm
11,29). Er hat euren Namen eingezeichnet in seine Hände (vgl. Jes 49,16).
4.
Die Gnade, die ihr im Sakrament der Ehe empfangen habt und die in der Zeit
fortdauert, kommt aus dem durchbohrten Herzen des Erlösers, der sich auf dem
Altar des Kreuzes für die Kirche, seine Braut, geopfert hat, als er den Tod auf
sich nahm für das Heil aller. Deshalb bringt diese Gnade die Besonderheit ihrer
Herkunft mit sich: Es ist die Gnade der sich opfernden Liebe, einer Liebe, die
sich verschenkt und die vergibt; der uneigennützigen Liebe, die das eigene Leid
außer Acht lässt; der Liebe, die bis zum Tod die Treue wahrt; der Liebe, die
Früchte des Lebens hervorbringt. Es ist die Gnade der gütigen Liebe, die alles
glaubt, alles erträgt, alles hofft, allem standhält, die niemals aufhört und
ohne die alles Übrige nichts ist (vgl. 1 Kor 13,7-8).
Gewiss, all dies ist nicht immer leicht, und im täglichen Leben fehlt es nicht
an Gefahren, Spannungen, Leiden und auch nicht an Ermüdung. Aber ihr seid auf
eurem Weg nicht allein. Mit euch geht und handelt immer Jesus, so wie er es zu
Kana in Galiläa für jenes Brautpaar in einem Moment der Schwierigkeit getan
hat. In der Tat, so lehrt das Konzil, geht der Erlöser auf die christlichen
Eheleute zu und bleibt bei ihnen, damit sie sich in gegenseitiger Hingabe und
ständiger Treue lieben, so wie er selbst die Kirche geliebt und sich für sie
hingegeben hat (vgl. Gaudium et spes, 48).
5.
Christliche Eheleute ...
Die auf der Ehe gegründete Familie ist Erbe der Menschheit,
sie ist ein großes und hochgeschätztes Gut und für das Leben, die Entwicklung
und die Zukunft der Völker notwendig. Sie ist entsprechend dem am Anfang
festgelegten Schöpfungsplan (vgl. Mt 19,4.8) der Bereich, in dem die als Abbild
Gottes geschaffene menschliche Person (vgl. Gen 1,26) empfangen und geboren
wird, aufwächst und sich entwickelt. Die Familie ist als die Erzieherin par
excellence der Menschen (vgl. Familiaris consortio, 19-27) für eine wahre „Humanökologie"
unerlässlich (Centesimus annus,
39).
Ich danke euch für eure Lebenszeugnisse, die ihr heute abends vorgestellt habt
und die ich mit Aufmerksamkeit verfolgt habe. Sie rufen mir eine Erfahrung ins
Gedächtnis, die ich als Priester, als Erzbischof von Krakau und im Laufe meines
fast fünfzwanzigjährigen Pontifikats gesammelt und schon mehrmals bekräftigt
habe: Die Zukunft der Menschheit geht über die Familie! (vgl. Familiaris consortio, 86).
Liebe christliche Familien, ich möchte euch nahe legen, im alltäglichen Leben
davon Zeugnis abzulegen, dass es allen Schwierigkeiten und Hindernissen zum
Trotz möglich ist, die Ehe in Fülle zu leben, und zwar als höchste
Sinnerfahrung und als „Gute Nachricht" für die Menschen unserer Zeit. Seid
Protagonisten in der Kirche wie in der Welt: Dies ist eine Notwendigkeit, die
aus dem Ehesakrament, das ihr einander gespendet habt, selbst hervorfliest, aus
eurer Eigenschaft, ein häusliches Heiligtum zu sein, aus dem ehelichen Auftrag,
der euch als Grund- und Lebenszelle der Gesellschaft charakterisiert (vgl. Apostolicam actuositatem, 11).
6.
Liebe christliche Eheleute, um „Frohbotschaft für das dritte Jahrtausend"
zu sein, dürft ihr schließlich nicht vergessen, dass das Gebet in der Familie
eine Garantie der Einheit für einen Lebensstil in Übereinstimmung mit dem
Willen Gottes ist.
Als ich unlängst das Jahr des Rosenkranzes ausrief, habe ich diese marianische
Frömmigkeitsform als das Gebet der Familie für die Familie empfohlen: In der
Tat stellt die Familie beim Rosenkranzbeten „Jesus in den Mittelpunkt, sie
teilt mit ihm Freud und Schmerz, sie legt Bedürfnisse und Vorhaben in seine
Hände, von ihm schöpft sie Hoffnung und Kraft für den Lebensweg" (Rosarium
Virginis Mariæ, 41).
Während ich euch Maria, der Königin der Familien, anempfehle, damit sie euer
Leben begleite und mit ihrer Hilfe unterstütze, freue ich mich anzukündigen,
dass das fünfte Welttreffen der Familien im Jahr 2006 in Valencia in Spanien
stattfinden wird. Allen spende ich nun meinen Segen. Dabei hinterlasse ich euch
eine Aufgabe: Macht mit Gottes Hilfe aus dem Evangelium eine fundamentale
Lebensregel für eure Familie und aus eurer Familie eine Seite der Frohen
Botschaft für unsere Zeit!