Der
Erzbischof von Köln, Kardinal Meisner gibt eine Formulierungshilfe zum
Vorschlag des Heiligen Vaters: die "lichtreichen Geheimnisse"
Der Papst ist
doch ein einfallsreicher Mann Gottes. Mit seinem 24. Erwählungstag am 16.
Oktober eröffnet er ein Jahr des heiligen Rosenkranzes, das bis zu seinem
Silbernen Papstjubiläum am 16. Oktober 2003 dauern soll.
Dazu schenkt er uns ein wirklich großartiges Schreiben über den Rosenkranz, dem
man sofort anmerkt, hier schreibt nicht ein Theoretiker, sondern - wie der
Papst selbst vermerkt - einer, der von Kindheit an mit dem Rosenkranz
umgegangen ist. Er versteht sein Apostolisches Schreiben "Rosarium virginis Mariae" als Fortsetzung seines ersten
Apostolischen Schreibens im neuen Jahrtausend "Novo millennio
ineunte". Dort sagt er ausdrücklich: Der Weg der
Kirche ins neue Jahrhundert und ins neue Jahrtausend ist die Heiligkeit.
Es gilt gleichsam, eine Pädagogik der Heiligkeit wieder neu zu entdecken, die
darin besteht, das überaus liebenswürdige Antlitz Christi zu betrachten. Der
Rosenkranz ist der Weg dazu. Im Rosenkranz betrachten wir das Antlitz Jesu
gleichsam mit den Augen und dem Herzen derjenigen, die ihm am nächsten stand,
nämlich Maria.
Ich erinnere
mich noch gut an eine Begebenheit kurz nach meiner Bischofsweihe im Jahr 1975
in Erfurt. Bei einem Gottesdienst im dortigen Dom wurde ich auf eine Gruppe
Gläubiger aufmerksam, die mir von sehr weit her zu kommen schienen. In der Tat
handelt es sich um russlanddeutsche Katholiken, die seit 35 Jahren zum ersten
Mal wieder bei einer Gruppenreise in die DDR eine katholische Kirche erlebt
haben. Sie äußerten dabei ihr großes Heimweh nach der Kirche. Und einer der
Männer fragte mich, was sie ihren Kindern an Glaubenswahrheiten vermitteln
müssten, damit sie das ewige Leben erreichten. Eine solche kluge Frage ist mir
vorher und danach nie wieder gestellt worden. Auf meine Antwort, dass ich jedem
ein Neues Testament und einen katholischen Katechismus gebe, gaben sie zur
Antwort: "Religiöse Literatur nach Sowjetrussland mitzunehmen ist
schlimmer, als Waffen zu schmuggeln." Daraufhin bot ich ihnen einen
Rosenkranz an. Ihre verblüffte Antwort hieß: "Was hat denn das mit unserer
Frage nach dem zu tun, was wir unseren Kindern an Glaubenswissen vermitteln
müssen, damit sie das ewige Leben erreichen?"
Ich sagte
ihnen:
·
"Der Rosenkranz beginnt mit dem Kreuz.
·
Daran beten wir das Glaubensbekenntnis.
Das ist unsere
ganze Glaubenslehre.
·
Dann kommen die ersten drei kleinen Perlen: Glaube, Hoffnung
und Liebe.
Das ist unsere
Lebenslehre.
·
Und dann sind gleichsam in Geheimschrift die Geheimnisse der
Menschwerdung Gottes in Jesus Christus aufgefädelt im freudenreichen Rosenkranz,
·
dann die Geheimnisse seiner Passion im schmerzhaften
Rosenkranz und
·
schließlich die Geheimnisse seiner Vollendung im glorreichen
Rosenkranz.
Daraufhin
nahm der Mann den Rosenkranz in seine Hand und sagte:
Er hatte den gesamten katholischen Glauben in seiner Hand.
Nun hat der
Heilige Vater vorgeschlagen, zwischen dem freudenreichen Rosenkranz und dem
schmerzhaften gleichsam einen neuen, einen vierten Rosenkranz einzuschieben,
den er den "lichtreichen Rosenkranz" nennt. Er umfasst fünf
bedeutungsvolle Momente aus dem öffentlichen Wirken Jesu:
1. seine Taufe im Jordan,
2. seine Selbstoffenbarung bei der Hochzeit zu Kana,
3. seine Verkündigung des Reiches Gottes mit dem Ruf zur Umkehr,
4, seine Verklärung und schließlich
5. die Einsetzung der Eucharistie, der sakramentale Ausdruck des
Ostergeheimnisses.
Ich habe bereits mehrmals versucht, diese neuen Gesätze so zu formulieren, dass
sie betbar werden, sowohl für das private als auch
für das gemeinsame Rosenkranzgebet. Beides wurde mit Erfolg dann praktiziert.
Deshalb schlage ich folgende Formulierungen vor:
1. Jesus, der im Jordan getauft worden ist.
2. Jesus, der sich bei der Hochzeit zu Kana offenbart hat.
3. Jesus, der das Reich Gottes verkündet und zur Umkehr gerufen hat.
4. Jesus, der auf dem Berg verklärt worden ist.
5. Jesus, der die Eucharistie eingesetzt hat.
Das Rosenkranzgebet setzt sowieso die Kenntnis des Lebens Jesu voraus, so dass man
in die Anrufungen nicht zu viel Text einbinden darf, sonst sind sie nicht für
das Rosenkranzgebet praktikabel. Wir werden sicher in den nächsten Wochen und
Monaten noch über dieses wichtige Anliegen des Papstes für das Volk Gottes
hören und lesen. An der Hand Mariens den Spuren Jesu zu folgen, ist das Wesen
des Rosenkranzes. Dazu guten Weg!
+ Kardinal Meisner