„Wer an mich glaubt, wird leben,
auch wenn er stirbt“ (Joh 11, 25)
Liebe Mitchristen!
Die Diskussionen um die Abtreibungspille Mifegyne
haben gezeigt, wie oberflächlich die Überlegungen vieler Menschen sind. Sie
scheinen sich nicht viele Gedanken zu machen, ob etwas vor Gott richtig ist
oder nicht, ob sie etwas tun dürfen oder nicht. Sie bewegt anscheinend nur die
Frage der konkreten Situation und des eigenen Wollens. Was habe ich davon?
Welches ist mein Ziel? Was will ich erreichen? Maßgebend ist für sie nur das
Leben jetzt.
Zugleich zeigte sich, wie von diesen Themen doch sehr viele Menschen berührt
sind. Es geht um das Leben. Sogar bei jenen, die auf jeden kleinsten Versuch,
die Fristenlösung in Frage zu stellen, allergisch reagieren, lässt die
Aggressivität der Reaktion vermuten, dass ihnen die Thematik näher geht, als
sie es wahrhaben wollen.
Der Mensch ist - anders als Befürworter der Abtreibung behaupten - mehr als
bloß ein Zellhaufen, aus dem sich bei günstigen Bedingungen ein Individuum
entwickelt. Jeder Mensch ist ein ‘Du’ mit einem Namen, einmalig, unaustauschbar, für die Ewigkeit gedacht, vom ersten Anfang
als Mensch identifizierbar.
Mehrere Mütter haben mich in den vergangenen Wochen darum gebeten, die
Öffentlichkeit auf ihre Erfahrung hinzuweisen: Nicht alle ihrer Kinder seien
„geplant“ und von Anfang an „erwünscht“ gewesen. Sie hätten aber ihre Kinder sehr
bald lieben gelernt. Sie seien dankbar, dass sie damals ‘ja’ gesagt haben; sie
spürten ein Schaudern beim Erwägen der Möglichkeit, dass sie hätten ‘nein’
sagen können. Heute wäre ihnen der Gedanke furchtbar, wenn eines dieser Kinder
fehlte.
Der Mensch trägt von seinem Ursprung her ein Geheimnis auf dem Grund seines
Herzens. Er wurde als Abbild Gottes (vgl. Gen 1, 27) geschaffen. Die Eltern
sind nicht die alleinige Ursache, wenn ihnen das Geschenk eines Kindes zuteil wird. In der Enzyklika ‘Evangelium Vitae’ schreibt
Papst Johannes Paul II.: „Wenn das Konzil von ‘einer besonderen Teilnahme’ von
Mann und Frau ‘am schöpferischen Wirken’ Gottes spricht, will es hervorheben,
dass die Zeugung des Kindes ein zutiefst menschliches und in hohem Maß
religiöses Ereignis ist, weil sie die Ehegatten, die ‘ein Fleisch’ werden (Gen
2, 24), und zugleich Gott selber hineinzieht, der gegenwärtig ist ... Durch die
Weitergabe des Lebens von den Eltern an das Kind wird also bei der Zeugung dank
der Erschaffung der unsterblichen Seele das Abbild und das Gleichnis Gottes
selbst übertragen“ (Evangelium Vitae 43).
Gott ist also in unserem Ursprung. In unserem Leben und im Leben jedes
Menschen ist daher von Anfang an etwas Göttliches, und damit verbunden ein
Plan, ein Vorhaben Gottes. Die Hl. Schrift spricht mit Ehrfurcht vom werdenden
Leben und kennt die Berufung von Anfang an. Jeremias hört das Gotteswort: „Noch
ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus
dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt“ (Jer
1, 5). Ijob hält in seinem tiefen Schmerz inne, um
über das Wirken Gottes bei der Formung seines Leibes im Schoß der Mutter
nachzudenken; daraus schließt er den Grund der Zuversicht und äußert die Gewißheit, dass es, trotz seiner bitteren Erfahrungen,
einen göttlichen Plan für sein Leben gebe: „Deine Hände haben mich gebildet,
mich gemacht; dann hast du dich umgedreht und mich vernichtet. Denk daran, dass
du mich wie Ton geschaffen hast ... Leben und Huld hast du mir verliehen, deine
Obhut schütze meinen Geist“ (vgl. Ijob 10, 8-12). Und
der hl. Paulus schreibt den Ephesern: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres
Herrn Jesus Christus: Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch
unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor
der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott; er hat
uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu
werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen
zum Lobe seiner herrlichen Gnade“ (Eph 1, 3-6). Aus diesem Wissen um unseren
Ursprung aus Gottes Wirken wächst Hoffnung für unser Leben.
An uns liegt es, diese Berufung zu erkennen. Nicht jeder erkennt sie. Durch
die Sünde, Gedankenlosigkeit, Oberflächlichkeit entfernt sich der Mensch von
seinem Ursprung und von seinem Ziel. Er verliert Gott aus dem Blick, auch das
Wesentliche bei sich selbst, er „entfremdet“ sich selbst. Paulus beschreibt es
mit den Worten: „ ... Sie haben Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt
und ihm nicht gedankt. Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit, und ihr
unverständiges Herz wurde verfinstert. Sie behaupteten, weise zu sein, und
wurden zu Toren. ...Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge, sie
beteten das Geschöpf an und verehrten es anstelle des Schöpfers ...Und da sie
sich weigerten, Gott anzuerkennen, lieferte Gott sie einem verworfenen Denken
aus, sodass sie tun, was sich nicht gehört. Sie sind voll Ungerechtigkeit,
Schlechtigkeit, Habgier und Bosheit, voll Neid, Mord, Streit, List und Tücke,
sie verleumden und treiben üble Nachrede, sie hassen Gott, sind überheblich,
hochmütig und prahlerisch, erfinderisch im Bösen und ungehorsam gegen die
Eltern, sie sind unverständig und haltlos, ohne Liebe und Erbarmen“ (vgl. Röm
1, 21-22; 25; 28-31). Die Menschen geraten in die Abhängigkeit dessen, was sie
zum Götzen gemacht haben. Sie verlieren ihre Freiheit, weil ihre Leidenschaften
und ihre triebhaften Bindungen überhand nehmen; Ungerechtigkeiten entstehen,
die Beziehungen untereinander sind gefährdet und verarmen. Das II. Vatikanische
Konzil faßte diese Entwicklung mit den Worten
zusammen: „Denn das Geschöpf sinkt ohne den Schöpfer ins Nichts ... Überdies
wird das Geschöpf selbst durch das Vergessen Gottes unverständlich“ (GS 36).
Begünstigt durch die Medien, durch Werbung und den daraus entstehenden Druck
breiten sich diese Entwicklungen in unserer Zeit in fast allen Kreisen der
Bevölkerung massiv und sehr rasch aus. Die Menschen entfernen sich von Gott und
von ihrem eigentlichen Lebensziel, fast ohne es zu bemerken.
Die Zunahme all der Lebensgestaltungen, die wir unter dem Begriff
Säkularisierung (Verweltlichung) zusammenfassen, zeigt auf, dass vielen nur
noch die Erfolgs- und Glücksziele dieses Welt-Lebens „etwas sagen“. - Wächst
auch deshalb die Zahl der Verhaltensauffälligen, der Süchtigen, Depressiven
...?
Das Leben, das Gott dem Menschen anbietet, ist ein Geschenk, durch das Gott
sein Geschöpf an seiner Herrlichkeit und Größe teilhaben lässt. Es ist weit
mehr als ein zeitlich-irdisches Dasein. Der göttliche Ursprung dieses
Lebensgeistes erklärt die Sehnsucht, die jeder Mensch in sich trägt und die
Augustinus ausrufen ließ: „Du, o Herr, hast uns für dich geschaffen, und
unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir“.
Gott hat den Menschen die Gebote geoffenbart. Das Wort des Herrn sagt uns mit
Deutlichkeit, welcher Richtung das Leben folgen muss, um seine Wahrheit zu
respektieren, seine Würde schützen zu können und es so zu entfalten, dass es
Erfüllung findet. Dem Volk Gottes wird das Gebot als Weg des Lebens angeboten.
So heißt es in Deuteronomium: „Hiermit lege ich dir heute das Leben und das
Glück, den Tod und das Unglück vor ...; Leben und Tod lege ich dir vor, Segen
und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du
und deine Nachkommen. Liebe den Herrn, deinen Gott, höre auf seine Stimme, und
halte dich an ihm fest; denn er ist dein Leben. Er ist die Länge deines Lebens“
(Dtn 30, 15, 16; 19-20 ).
Die Geschichte Israels zeigt, wie schwierig es ist, die Treue zum Gesetz vom
Leben aufrecht zu erhalten, das Gott den Menschen ins Herz geschrieben und dem
Bundesvolk am Berg Sinai anvertraut hat. Erst Christus und sein Geist bringen
eine sichere Begründung des Weges zur Erreichung des Zieles, für das der Mensch
von Gott bestimmt ist. Von Christus sagt Johannes: „Das Leben wurde offenbar,
wir haben es gesehen“ (1 Joh 1, 2). Jesus ist der Sohn, der von Ewigkeit her
vom Vater das Leben empfängt (vgl. Joh 5, 26). Er ist zu den Menschen gekommen,
um sie an diesem Geschenk teilhaben zu lassen: „Ich bin gekommen, damit sie das
Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10, 10). Durch die Aufnahme Christi im
eigenen Leben wird es jedem Menschen möglich, zum Vater zu gelangen. Jesus
sagt: „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er
wird ein- und ausgehen und Weide finden“, aber auch „meine Schafe hören auf
meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie
werden niemals zugrunde gehen, niemand wird sie meiner Hand entreißen“ (Joh 10,
9; 10, 27 und 28).
Die bedrängende Frage, die uns kommen kann: Warum ist die Situation vieler
Menschen heute nicht besser, obwohl der Gottessohn Mensch geworden ist und
unter uns gewohnt hat? Warum finden viele nicht den Weg zu einem erfüllten
Leben, zu einer geglückten Beziehung? Warum halten auch die Christen den
Versuchungen eines banalen Lebens nicht stand?
Um die Gründe begreifen zu können, ist es notwendig, sich die verschiedenen
Aussagen Jesu im Zusammenhang mit dem ewigen Leben zu vergegenwärtigen. Dem
jungen Mann, der die Frage stellt: „Meister, was muss ich Gutes tun, um das
ewige Leben zu gewinnen?“ gibt er die Antwort: „Wenn du das Leben erlangen
willst, dann halte die Gebote!“ (Mt 19, 16). Auch Christen werden den Weg zum
Leben nicht finden, wenn sie die Gebote nicht halten. An ihnen (den Geboten)
wird heute gerade auch von Christen oft herumgedeutet, sie werden abgeschwächt
und „angepaßt“. Jesus dagegen sagt: „Geht durch das
enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist
breit und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng, und
der Weg dahin ist schmal, und nur wenige finden ihn“ (Mt 7, 13-14).
Jesus bringt bei mehreren Gelegenheiten unmissverständlich zum Ausdruck,
dass nicht alle Menschen das Ziel ihres Lebens erreichen werden. Zum reichen
Mann, der nach einer guten Ernte einen großen Vorrat anlegt, um unbesorgt leben
zu können, sagt er: „Da sprach Gott zu ihm: ‘Du Narr! Noch in dieser Nacht wird
man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du
angehäuft hast? So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber
vor Gott nicht reich ist“ (vgl. Lk 12, 13-21). Materielles, Wohlstand, Reichtum
können auch zur Gefährdung werden. Die Jungfrauen, die kein Öl in ihren Lampen
haben, werden nicht eingelassen, wenn der Bräutigam kommt (vgl. Mt 25,11). Dem
faulen Knecht, der mit dem ihm anvertrauten Talent keinen Handel treibt, wird
das Talent abgenommen und er wird in die äußerste Finsternis hinausgeworfen.
Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen“ (vgl. Mt 25, 14-29). Und der
unbarmherzige Gläubiger wird den Folterknechten übergeben, bis er die ganze
Schuld bezahlt hat (vgl. Mt 18, 23 f). Der Herr sagt auch, dass es nicht
genügt, „Herr, Herr,“ zu sagen; es ist notwendig, den Willen des Vaters zu
erfüllen (vgl. Mt 7, 21), und wer nur auf seine Stimme hört, aber nicht danach
handelt, gleicht einem Mann, der sein Haus auf Sand baut ... (vgl. Mt 7, 26).
„Täuscht euch nicht: Gott lässt keinen Spott mit sich treiben; was der Mensch
sät, wird er ernten“, schreibt der hl. Paulus (Gal 6, 7). Und Christus
wiederholt mehrmals: „Wer nicht sein Kreuz trägt, kann nicht mein Jünger sein.“
Das Schwierige, Anstrengende des Glaubens darf nicht beiseite
geschoben, verdrängt werden.
Also eine ernste Botschaft, die Jesus bringt? Manche würden sagen: eine
Drohbotschaft! Es ist richtig: seine Botschaft ist fordernd, Jesus erwartet
Umkehr, er ruft jedoch den Menschen in die persönliche Freiheit, in die Ver-Antwortung. Heute neigen nicht wenige dazu, die
Botschaft Jesu zu verharmlosen.
Zugleich ist klar, dass alle, die ihn aufnehmen, Grund zur Hoffnung haben. „Die
Hoffnung lässt uns nicht zugrunde gehen“ (Röm 5, 5), schreibt der hl. Paulus
und im Johannesevangelium heißt es: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er
Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht
aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des
Mannes, sondern aus Gott geboren sind“ (Joh 1, 12-13). Jeder Mensch kann
gerettet werden. Gott will, dass alle gerettet werden (vgl. 1 Tim 2, 4),
gerettet durch Umdenken, durch persönliche Entscheidung für ihn.
In Christus finden wir Vergebung. Er spricht davon, dass Gott ein Vater ist,
der den zurückkehrenden Sohn schon von der Ferne sieht und ihn mit offenen
Armen aufnimmt. Er spricht von der Freude des Himmels über jeden Sünder, der
umkehrt. Er selbst hat sein Blut vergossen zur Vergebung der Sünden. Paulus
schreibt: „Nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht gemacht sind, werden wir
durch ihn erst recht vor dem Gericht Gottes gerettet werden“ (Röm 5, 10), und
Petrus erinnert daran, dass wir durch Christus losgekauft wurden. „Ihr wisst,
dass ihr aus eurer sinnlosen, von den Vätern ererbten Lebensweise nicht um
einen vergänglichen Preis losgekauft wurdet, sondern mit dem kostbaren Blut
Christi, des Lammes ohne Fehl und Makel“ (1 Petr 1, 18-19). Wer an Christus
glaubt, ihm vertraut und auf ihn baut, hat Grund zur Hoffnung. Mit ihm vereint
wird unser Leben fruchtbar. Es entfaltet sich. „Wer in mir bleibt und in wem
ich bleibe, der bringt reiche Frucht“ (Joh 5, 5). Darin besteht
der große Trost, der Halt und die Kraft, die wir durch die Sakramente in der
Kirche und durch die Kirche empfangen. Wir empfangen durch sie Anteil an
Christus, Anteil an seinem Leben, Keime des ewigen Lebens. Unsererseits ist
wirkliche Nachfolge nötig, seine Denkweise, sein Geist muss in unserem Handeln
wirksam, spürbar werden. Wir müssen seine Weisung empfangen, offenen Herzens
aufnehmen und auf diese Weise, verbunden mit ihm, Gott und die Mitmenschen
lieben lernen. Der Keimling des ewigen Lebens kann und muss durch diese
Nachfolge Christi in uns wachsen. Wir werden, wenn wir treu sind, Christus
immer wieder, in allen Umständen des Lebens, suchen, ihm begegnen und ihn
aufnehmen, allmählich - auch durch die innere Mitfeier
der Eucharistie - verwandelt. Der hl. Paulus ermahnt und ermutigt: „Daher,
geliebte Brüder, seid standhaft und unerschütterlich, nehmt immer eifriger am
Werk des Herrn teil, und denkt daran, dass im Herrn eure Mühe nicht vergeblich
ist“ (1 Kor 15, 53). So können wir den Weg zum ewigen Leben finden d.h. zu den
„ewig wertvollen Taten“ und Verhaltensweisen nach den Worten des Johannes:
„Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen
Kinder Gottes, und wir sind es. Die Welt erkennt uns nicht, weil sie ihn nicht
erkannt hat. Liebe Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein
werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein
werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1 Joh
3,1-2). Das ewige Leben wird darin bestehen, dass wir Gott schauen und mit ihm
leben, dass unser Leben in seinem Licht zur endgültigen Vollendung gelangt.
Jesus sagt zu Martha, die sich viele Sorgen und Mühen macht, das vielsagende
Wort: „Nur eines ist notwendig“ (Lk 10, 42) - und meint damit seine Botschaft
mit dem Herzen hören. Alle sollten wir dieses Wort im Herzen tragen. Zugleich
auch seine Aussage: „Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen
vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann“
(Joh 9, 4). Der Gedanke an die Ewigkeit macht unser Leben hier und jetzt nicht
unwichtig, im Gegenteil, jeden Tag und jede Stunde müssen wir nützen, um zu
tun, was „Ewigkeitswert“ in sich trägt, um Reich Gottes, d.h. je nach
Lebenssituation, Güte, Vergebung, Geduld, Hoffnung, Zuversicht ... zu
realisieren. Das lässt das Leben aufleuchten, gibt ihm Würze, Wert, Ewigkeit.
Dann wird uns auch zur wichtigen Aufgabe im Leben, den anderen gegenüber Zeugen
der Unsterblichkeit, Zeugen Jesu Christi, Zeugen seines Lebens und Wirkens,
seiner Hingabe am Kreuz und seiner Auferstehung zu sein. Es muss wesentliches
Anliegen der Eltern in Bezug auf ihre Kinder sein, jedes wahrhaft Liebenden in
Bezug auf die Personen, die er liebt, jedes Lehrers in Bezug auf seine Schüler,
jedes Priesters, jedes Bischofs in Bezug auf die Gläubigen, die ihm in irgend
einer Weise anvertraut sind: sie mögen auch durch sein Zeugnis den Weg zum
Vater finden, zum Ewigen und Bleibenden, zu jener Liebe, die stärker ist als
der Tod. Sie sollen Christus erkennen, den Weg zum ewigen Leben, und Mut
fassen, diesen Weg zu gehen. Möge die Güte Gottes es schenken, dass auch die
Menschen heute diesen Höhenweg der Lebensgestaltung suchen und von diesem
Glauben getragen und erfüllt sind.
+ Klaus Küng